Dienstag, 4. Juli 2017

Herr Pes oder Herpes

Sie hiess Bela. Ihren Namen hatte sie immer gehasst, denn sie war sich, als kluge Frau, schon seit ihrer Pubertät absolut bewusst, dass sie hässlich war. Und sie war wirklich hässlich. Als ich sie kennenlernte war sie eine nicht mehr ganz junge Assistenzärztin.
Ja sie hatte erst mal als Sekretärin gearbeitet weil sie zu schüchtern war nach der Matura ein Medizinstudium zu beginnen. Da sie schon recht gut Italienisch konnte suchte und fand sie eine Arbeit in Florenz. Ihr Chef war ein Neurochirurge der in verschiedenen Spitälern der Provinz konsiliarische Sprechstunden abhielt und wenn es indiziert war auch gleich operierte. Bald schon merkte der Chef, dass sie intelligent und sehr interessiert war. Sie wurde quasi zu seiner Assistentin, bis er sie förmlich zwang nun endlich ihr Medizinstudium zu machen.
Nach Jahren war sie dann Fachärztin für Rheumatische Erkrankungen.
Als es darum ging, in eine Gruppenpraxis eizutreten fragte sie einer von den Kollegen anlässlich eines Gruppengesprächs mit allen Kollegen, ob sie denn nicht heiraten werde? Ihrer selbstzynische Antwort „haben sie meine hässliche Fresse nicht bemerkt“ * folgte ein betretenes Schweigen.
Jahre später, Bela war nun mitte fünfzig, lud ich sie zu einem Nachtessen in einer Landkneipe ein. Wir sahen uns ab und zu auch ganz privat, es war immer spannend sich mit ihr zu  unterhalten. Bela war eine begeisterte Bergsteigerin und bevorzugte Länder wie Norwegen und Schottland, weil dort die Menschen ihr mehr entsprachen.
 An diesem Abend brach sie plötzlich in Tränen aus, sie die doch immer so taff wirkte hatte wohl doch einen weichen Kern. Nach einigen respektvollen Warteminuten fragte ich sie was denn wäre. Und sie erzählte mir folgende Geschichte.
Sie war mal wieder in Norwegen gewesen um mit Freunden zu Ostern einige Bergwanderungen zu machen. Und da war es passiert. In einer Berghütte hat sie mit einem auch dort übernachtenden aber nicht zur Gruppe gehörenden Bergsteiger, na ja eben nicht geschlafen sondern, die ganze Nacht lang……..
Und nun habe sie eine ausgedehnte Herpes-Infektion sagte sie schluchzend und lachend. Aber wenigstens hatte ich mal wieder guten Sex, ja aufs Alter hin wirkt meine Hässlichkeit eben weniger abstossend, aber es war nicht leicht zu einem Dermatologen zu gehen der sich sicherlich fragte „ wie kommt so eine hässliche Frau zu Genitalherpes“?
Diese Selbstironie machte sie mir äusserst liebenswert.

*n’avez vou pas vue ma sale geule ? es war in der Französischen Schweiz.



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