Oh nein dies
ist keine religiöse Geschichte, der Titel täuscht. Es geht nicht um das
Seelenheil, oder doch? ja sicher auch ein klein wenig. Es war einmal vor etwa
fünfzig Jahren in der Stadt Biel-Bienne an der deutsch-französischen
Sprachgrenze—später als „Röstigraben“ bekannt geworden, ein älterer Arzt. Der
Erzähler, also ich, fand ihn damals alt, denn ich war noch sehr jung. Also der
Arzt war so etwa sechzig plus, er hatte einen deutschen Namen und einen
französischen Vornamen; gar nicht unüblich in dieser Stadt. Er war Junggeselle
und hatte, bis zu ihrem kürzlich erfolgten Tod, mit seiner Mutter zusammen, in
der grossen Wohnung wo auch seine Praxis war, gelebt. Auf dem Schild der
Praxis stand“ médecin-chirurgien“ die
alte Bezeichnung für Allgemeinpraktiker; darunter hatte er von Hand Homéopathie
geschrieben. Die Praxis und das Wartezimmer waren uralt. Die Zeitschriften zum
Teil Jahrzehnte alt und zerlesen. Alles war ein wenig schmuddelig. Auch der
Anzug, er trug nie einen weissen Kittel, war abgetragen und nicht ganz sauber.
Der Arzt plauderte gerne in seinem „ bilingue „ ,erzählte viel von früher, als
er in Paris gearbeitet hatte, ja das Leben in Paris….In der Praxis sah man nur
Frauen viele alte aber auch jüngere. Wenn ich ihm meine Medikamente
präsentierte waren seine Fragen und Bemerkungen sehr genau und pertinent: er schien mir ein guter
Praktiker alter Schule zu sein. Nun befragte ich ihn zu seinen Patienten. Haben sie Zeit, fragte er
es ist eine lange Geschichte. Ich hatte Zeit und war sehr gespannt wie er meine
Neugier befriedigen würde. Also früher, sagte er, lief meine Praxis sehr gut
,ich hatte viele Patienten aber vor allem alte Leute, auch recht viel Männer,
nicht wie heute.Aber wie sie sehen ist das Quartier überaltert, die Wohnungen
sind verlottert und es wohnen fast nur noch Ausländer hier. Einer meiner jungen
Kollegen spricht Italienisch und Spanisch, klar das die Patienten zu ihm gehen.
Weil ich, in meinem Alter nicht umziehen
wollte, musste ich mir etwas einfallen lassen. Plötzlich habe ich die Lösung
gefunden. Wundermittel! Ich habe nie an Homéopathie geglaubt, das war meine Stärke. Also, ich habe nicht sehr viele Patientinnen, kann mir also Zeit zum
Zuhören nehmen und wenn ich ein organisches Leiden vermute kläre ich alles
genau ab .Die meisten haben aber funktionelle Probleme Vegetative Dystonie (
heute wohl BURN OUT genannt) ist die häufigste Diagnose .Und in diesen Fällen
kommt der Hokus Pokus.Die Wunderwaffe
„ Globuli“, ganz einfache Globuli. Es ist ganz wichtig, das die Patienten nach
zwei bis drei Tagen persönlich kommen um die auf sie abgestimmten Globuli zu
holen und zu bezahlen bar zu bezahlen. Die Beutelchen sind nicht sehr teuer,
aber nicht von der Versicherung bezahlt darum wirken sie auch schnell und gut.
Alle glauben dass für sie auf Mass ein Medikament hergestellt wurde, es sind
nur reine unberührte Globuli also Zucker—Kügelchen. Nie gebe ich ein Medikament
ohne die Patientin zu sehen und nie sofort, es muss speziell hergestellt
werden. Ich beschrifte und fülle die
Beutelchen gerne vor dem Fernseher. Und es wirkt, auch die Mund-Propaganda
wirkt. Ich habe Patienten von weit her Jura Bern Neuchâtel etc. Tue ich etwa
etwas Schlechtes oder Gutes? Solange die Leute, wie in der Kirche, an ein Mysterium glauben wirken
meine Globuli. Manchmal fühle ich mich wie ein Pfarrer obwohl ich den Klerus
nicht leiden kann.
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