Dienstag, 23. Februar 2016

Liebe & Gewohnheit

eine etwas kitschige Geschichte       



Diese beiden hatten sich am selben Abend ins Kino begeben. Der Zufall schlug an diesem Abend gleich mehrmals zu, oder war’s Eros, Amor oder die beiden Schutzengel die sich einmischten? Es sei nicht weiter danach gefragt, denn Antwort kommt keine. Jeden(zu)falls sass, als Ken seinen nummerierten Platz einnahm, auf dem Nebenplatz diese hübsche junge Blondine—nein eher nicht so richtig  blonde sondern Hellhaselnussbraune—aber das stellte Ken erst später fest. Wenn es so was wie Evidenz auch in Beziehungen gibt so war das sicher so ein Fall. Ken sah, bevor er sich setzte die junge Frau halb erstarrt an. Auch Tamara erstarrte beim Aufblicken einige Atemzüge lang. Beide hatten dann, als sich Ken hinsetzte ein blödes Lächeln auf den, bei beiden komischerweise befeuchteten, Lippen. Welchen Film sie doch sicherlich ganz bewusst ausgesucht hatten und wie der Film war, wussten später wohl beide nicht zu sagen. Wie in Trance sassen sie nebeneinander, wagten sich nur ab und zu zum Nachbarn zu blicken. Ken fragte sich seit Beginn der Projektion, ob er wohl den Schneid haben würde, in der Pause seiner Nachbarin ein Eis oder Getränk anzubieten? oder wie er insgeheim dachte „anzubiedern“. Tamara sah sich den Film genau an <nicht den auf der Leinwand, den in ihrem hübschen Köpfchen, denn der Traumprinz sass ja neben ihr > Kurz vor der Pause bemerkte Ken, dass er verliebt war und zwar daran, dass er nicht an Sex sondern ans Beschützen und Kuscheln dachte, er hatte nämlich keine Erektion! Nach Coca-Cola und Pause fanden sich ein  schüchternes Händchen und eine stressklamme Hand. Wohin, zu dir zu mir ? all dies wurde gar nicht besprochen, wie Automaten fanden sie sich im Treppenhaus wo Ken in einer Wohngemeinschaft ein Zimmer hatte. Und plötzlich sagte er sich, so nicht, nicht mit diesem Engel. Tamara wäre sicherlich mitgekommen, aber Ken zog sie zurück auf die Strasse. Sie wohnte am anderen Ende der Stadt, der Weg dahin schien beiden sehr kurz. Trotz dem es keine erste Nacht war, ist dies in  ihrer Erinnerung die erste Nacht geworden. Er brachte sie nach Hause, am Nachmittag trafen sie sich in einem kleinen Tee Salon wo nur ein paar alte Damen ihr Teekränzchen abhielten. Da sie niemanden wahrnahmen fühlten sie sich, wie die kleinen Kinder, auch selbst unbeobachtet. Tamara war die, welche es auf den Punkt brachte, wir sind ja beide hoffnungslos ineinander verliebt, das ist wunderschön unterbrach sie Ken und kniete sich—versteckt vom Tischtuch—vor Tamara hin. Willst du meine Frau werden? Ja klar! eigentlich eine überflüssige Frage, sagte Tamara, weil wir uns lieben und gar nicht anders können. Auch die grösste Liebe wird irgendwann zur Gewohnheit, zur lieben Gewohnheit oder liebgewonnenen Gewohnheit. Liebt man die liebgewordene Gewohnheit mehr als den Partner, denn nur der Partner kann—im Gegensatz zur Gewohnheit auch mal enttäuschen—kann es zu Liebesentzug kommen. Meist ist Liebesentzug nicht etwa keinen Sex zu haben, sondern Sex  ganz mechanisch und ohne liebe zu praktizieren. So etwas kann schon mal –trotz sexueller Befriedigung—recht schmerzlich und frustrierend sein. Und irgendwann wird aus der liebgewordenen Gewohnheit eine unliebe Last. All dies haben Ken und Tamara mehrmals miterlebt, aber durch ihren Humor und die Erinnerung an ihre erste Nacht, die wie wir wissen ja gar keine gewesen war, bis Heute, viele Jahre danach  stets wieder überwunden. Danach stellte sich immer erneut die Liebe Gewohnheit,  sich  richtig zu lieben,  ein. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen