Und jetzt schon wieder. Er weiss gar nicht mehr, wie oft im
Leben ihm das schon passiert war, es fing
an wo sich auch seine ersten Erinnerungen abspielten, er musste also
etwa vier bis fünf Jahre alt gewesen sein damals. Erst war er sprachlos
gewesen, dann hatte er laut seine Unschuld beteuert. Zuerst war ein schrilles
Klirren zu hören gewesen, dann keifendes
Geschrei einer alten Frau und dann, ja dann hatten ihn die anderen
Spielkammeraden als den Schuldigen Steinewerfer hingestellt; das war nicht wahr,
er hatte den Stein nicht geworfen, wusste aber genau wer es getan hatte. Später auf die Frage der Mutter hin,
wenn du es nicht warst, wer war’s denn; antwortete er, ich hab’s nicht gesehen
denn er wusste das es gegen die Anschuldigung aller anderen sinnlos war zu
antworten. Die Strafen waren immer ähnlich, ohne Essen zu Bett gehen, keine
Gutenachtgeschichte, tagelang keinen Dessert, ja etwa so war es. Freunde hatte
er keine in dieser neuen Wohngegend, aber alle anderen kannten sich schon seit
immer, drum wurde er zum einzig-Schuldigen egal was war, er sollte es gewesen
sein. Meist spielte er zu Hause, lernte alleine lesen und las alles was ihm in
die kleinen Hände geriet. Auch in der Schule wo er, ohne sich darum zu kümmern
oder gar zu bemühen seit Anfang der Klassenbeste war, blieb er ein
Einzelgänger. Als ihn auch hier in der
Schule die ganze Klasse unberechtigterweise
beschuldigte, hatte er sein erstes Erfolgserlebnis, die Lehrerin, die die
Schuldigen gesehen hatte bestrafte alle ausser natürlich ihn. Es kam zu einer
Lektion in Fairness und Ehrlichkeit. Es war auch später in der Armee so, dass
er immer als der Sündenbock als hingestellt wurde, nur war er hier nicht der
Beste sondern eher der letzte, dieser „Klub“ passte ihm nicht. Nach seinem
Studium heiratete er, erst nach der Hochzeit merkte er, dass seine Frau
krankhaft an Eifersucht litt, oder war es eher so, dass er unter den falschen
Anschuldigungen, denen er entkommen zu sein glaubte, schrecklich litt. Die Ehe
wurde zur Hölle, sie wurden nach kaum zwei Jahren geschieden; natürlich war er
schuld .Er wurde sehr schnell zur rechten Hand des Managers dieser grossen
Handelsfirma, alles lief über seinen Schreibtisch, glaubte er. Er genoss das
volle Vertrauen der gesamten Geschäftsleitung und er vertraute ihnen, leider, blindlings.
Nach einigen Jahren, kam eines Morgens ein Dutzend Polizisten mit
Untersuchungsbefehl und Haftbefehl. Er wurde beschuldigt. Die Geschäftsleitung konnte alles gegen
ihn, der gutgläubig vieles blindlings unterschrieben hatte, beweisen. Er hatte
nie etwas von den unorthodoxen Geschäften gemerkt die hinter seinem Rücken,
wohl für die Mafia getätigt wurden. Er beteuerte seine Unschuld, merkte sogar
dass die Untersuchenden Beamten ihm glaubten, aber die Last der raffiniert
hergestellten Beweise war zu gross. Bei der Gerichtsverhandlung merkte man dass
sowohl der Staatsanwalt wie auch der Richter nicht so richtig an seine Schuld
glaubten, aber die Beweise.. Er kam für kurze Zeit ins Gefängnis, hier hatte er
nun wieder, wie als Kind, Ruhe und konnte sehr viel lesen. Als er nach kurzer
Zeit wieder frei war, seine Eltern waren beide, wohl aus Kummer und Gram,
verstorben, verkaufte er das Haus und verliess die Heimat. Genug Geld hatte er
um einige Zeit ohne Arbeit auszukommen, er ging nach Brasilien, denn
Portugiesisch hatte er in den Ferien mit seinen Eltern zusammen schnell gelernt
gehabt. Er lernte eine wundervolle Frau kennen, so anders als seine Ex,
anschmiegsam fleissig, sie hatte eine
gutgehende Kaffeebar in Recife. Beide wollten sie nicht mehr heiraten, und
sagten so als Witz, damit spart man das Geld einer Scheidung. Nach einiger
Zeit, so etwa zehn Monaten musste er nach Hause reisen. Die Botschaft hatte ihn
ausfindig gemacht er musste sich, als
einziger Verwandter um den Nachlass eines fast vergessenen Onkels kümmern. Der
Flug verlief wie alle Flüge, stressig obwohl er Business geflogen war, er kam
verschlafen in Frankfurt an. Als er durch den Zoll ging wurde er von einem Hund
angebellt und sofort von zwei Zöllnern in einen
separaten Raum gebeten, da war schon sein Koffer auf einem Tisch, der
Hund bellte auch— und vor allem— den Koffer an. Haben sie ihren Koffer selbst gepackt?
Hat ihnen jemand geholfen ihren Koffer zu packen? Konnte ein Fremder ungesehen
an ihren Koffer? Ich weiss nicht, warum? Sehen sie diese Pakete, das ist Kokain
fünf Kilo! Er beteuerte seine Unschuld, diesmal glaubte man ihm aber nicht. Die
Frau mit der er mehrere Monate zusammen gelebt hatte war wie vom Erdboden verschluckt, in der
Kaffeebar in Recife hatte man nie etwas von ihr gehört, selbst er der doch fast
täglich dort seinen Kaffee getrunken hatte, war unbekannt!! Weinend stammelte er „nicht schon wieder“.
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