Konradin, hatte sein Vater, ein Geschichtsprofessor aus Stuttgart,
ihn—zur Erinnerung an den letzten der Staufer— zu seinem Kummer genannt. Er
lebte mit seinem Vater und seiner Amme, die als Kindermädchen geblieben war
zusammen. Seine Mutter war bei seiner Geburt ums Leben gekommen, daran
erinnerte ihn sein strenger Vater jedes Mal, wann immer sich eine Gelegenheit
dazu ergab. Die
einzige Herzlichkeit und Vertrautheit kam von Luise der Amme—die leider ihr
eigenes Kind tot geboren hatte. Nun war er in den Kindergarten gekommen, dort war er sehr
unglücklich. Konradin war klein, sehr klein. Ob er wirklich kleinwüchsig war
oder eben nur ein bisschen kleiner als die Anderen, war nicht bekannt. Er wurde
immer geneckt und gehänselt. Die Kindergärtnerin bestand darauf, dass alle Kinder so genannt wurden wie sie getauft
waren, Spitznamen oder abgekürzte Namen waren verboten und KONRADIN brachte
alle immer zum Lachen. Nach dem Kindergarten, auf dem Heimweg war es nicht besser,
kannte doch jedes Kind den „Konrad“ aus dem Struwwelpeter! Kurz vor seiner Einschulung kamen zwei neue Katastrophen
in sein noch junges Leben, erstens heiratete der Vater die Witwe eines Studienrates die zwei kleine
Kinder mit in die Ehe brachte, zweitens verschwand zur selben Zeit die geliebte
Amme, sein Kindermädchen, ohne sich zu verabschieden. Eines Morgens war sie
einfach nicht mehr da. Die
Stiefmutter behandelte ihn stiefmütterlich wie im Märchen. Oft sagte sie ihm
„du bist schuld am Tot deiner Mutter, du hast sie umgebracht. Was er bei seinem
Vater nur erahnt hatte sprach die Stiefmutter aus. Der Anfang in der Schule war
schwer, waren doch die meisten seiner Mitschüler dieselben wie im Kindergarten.
Auch hatte er Mühe sich auf den Unterricht zu konzentrieren weil er immer
geärgert und oft auch gequält wurde. Auf das ständige Drängen der Stiefmutter
hin steckte ihn sein Vater in ein Internat; so weit wie irgend möglich von der
schwäbischen Heimat entfernt. So
war er nun in der Westschweiz in einem Heim, also kam das Sprachproblem zu
seinen anderen Problemen dazu. Kinder sind grausam, das war hier nicht anders
als im heimatlichen Kindergarten und der Grundschule. Konradin war immer noch sehr klein und schwächlich, seine neuen Mitschüler
waren alle grösser und stärker als er und sprachen Französisch. Er brauchte
lange Zeit und die aktive Mithilfe eines sadistischen Lehrers um seine neuen
Spitznamen zu begreifen, der ja für französischsprechende auf der Hand lag. Con
Radin ! Con ist ein vulgärer Ausdruck für das
weibliche Geschlechtsorgan, bedeutet aber auch im normalen Sprachgebrauch Dumm,
Idiot, Tollpatsch und ein Radin ist, in
der Umgangssprache, ein Geizkragen! Man kann sich unschwer vorstellen wie
„Glücklich“ seine Jahre im Internat waren. Es stellte sich heraus, dass er zwar
klein blieb aber kein Zwerg war und dass er trotz oder gerade wegen der ewigen
Quälereien der beste Schüler wurde, denn er hatte eins vom nun verhassten
Vater—der sich nie um ihn kümmerte—geerbt, eine grosse Intelligenz. Später
wurde er Lehrer mit dem Ziel ein Internat zu leiten um die Zöglinge vor ihren
Peinigern seien es Lehrer oder Mitschüler zu beschützen.
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