Mittwoch, 25. Februar 2015

Konradin

Konradin, hatte sein Vater, ein Geschichtsprofessor aus Stuttgart, ihn—zur Erinnerung an den letzten der Staufer— zu seinem Kummer genannt. Er lebte mit seinem Vater und seiner Amme, die als Kindermädchen geblieben war zusammen. Seine Mutter war bei seiner Geburt ums Leben gekommen, daran erinnerte ihn sein strenger Vater jedes Mal, wann immer sich eine Gelegenheit dazu ergab.                                                                                                                                                      Die einzige Herzlichkeit und Vertrautheit kam von Luise der Amme—die leider ihr eigenes Kind tot geboren hatte. Nun war er in den  Kindergarten gekommen, dort war er sehr unglücklich. Konradin war klein, sehr klein. Ob er wirklich kleinwüchsig war oder eben nur ein bisschen kleiner als die Anderen, war nicht bekannt. Er wurde immer geneckt und gehänselt. Die Kindergärtnerin bestand darauf, dass alle  Kinder so genannt wurden wie sie getauft waren, Spitznamen oder abgekürzte Namen waren verboten und KONRADIN brachte alle immer zum Lachen. Nach dem Kindergarten, auf dem Heimweg war es nicht besser, kannte doch jedes Kind den „Konrad“ aus dem Struwwelpeter!                                                                                                                                    Kurz vor seiner Einschulung kamen zwei neue Katastrophen in sein noch junges Leben, erstens heiratete der Vater  die Witwe eines Studienrates die zwei kleine Kinder mit in die Ehe brachte, zweitens verschwand zur selben Zeit die geliebte Amme, sein Kindermädchen, ohne sich zu verabschieden. Eines Morgens war sie einfach nicht mehr da.                                                             Die Stiefmutter behandelte ihn stiefmütterlich wie im Märchen. Oft sagte sie ihm „du bist schuld am Tot deiner Mutter, du hast sie umgebracht. Was er bei seinem Vater nur erahnt hatte sprach die Stiefmutter aus. Der Anfang in der Schule war schwer, waren doch die meisten seiner Mitschüler dieselben wie im Kindergarten. Auch hatte er Mühe sich auf den Unterricht zu konzentrieren weil er immer geärgert und oft auch gequält wurde. Auf das ständige Drängen der Stiefmutter hin steckte ihn sein Vater in ein Internat; so weit wie irgend möglich von der schwäbischen Heimat entfernt.           So war er nun in der Westschweiz in einem Heim, also kam das Sprachproblem zu seinen anderen Problemen dazu. Kinder sind grausam, das war hier nicht anders als im heimatlichen Kindergarten und der Grundschule.                                                                                                                    Konradin war immer noch sehr klein und schwächlich, seine neuen Mitschüler waren alle grösser und stärker als er und sprachen Französisch. Er brauchte lange Zeit und die aktive Mithilfe eines sadistischen Lehrers um seine neuen Spitznamen zu begreifen, der ja für französischsprechende auf der Hand lag. Con   Radin !   Con ist ein vulgärer Ausdruck für das weibliche Geschlechtsorgan, bedeutet aber auch im normalen Sprachgebrauch Dumm, Idiot, Tollpatsch  und ein Radin ist, in der Umgangssprache, ein Geizkragen! Man kann sich unschwer vorstellen wie „Glücklich“ seine Jahre im Internat waren. Es stellte sich heraus, dass er zwar klein blieb aber kein Zwerg war und dass er trotz oder gerade wegen der ewigen Quälereien der beste Schüler wurde, denn er hatte eins vom nun verhassten Vater—der sich nie um ihn kümmerte—geerbt, eine grosse Intelligenz. Später wurde er Lehrer mit dem Ziel ein Internat zu leiten um die Zöglinge vor ihren Peinigern seien es Lehrer oder Mitschüler zu beschützen.

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