Es war in den frühen Fünfzigerjahren des letzten
Jahrhunderts. Er, Marcel hatte schon
verschiedene Berufe versucht, aber das richtige war bisher nicht dabei gewesen,
denn er konnte zwar ausdauernd arbeiten, aber er musste sich frei fühlen. Immer
regelmässig zur Arbeit zu kommen und, wie damals noch sehr üblich , neun Stunden zu bleiben war
ihm kaum möglich. Dann fand er eine Arbeit die seiner Frohnatur entsprach. Er verkaufte zuerst einige Jahre lang Staubsauger.
Er ging von Tür zu Tür, machte Demonstrationen das heisst er verschmutzte Böden
und vor allem Teppiche um sie dann sauber zu machen. Weil damals noch viele
Haushalte keinen oder einen überalterten Staubsauger hatten war es, mit seinem
Charme, recht einfach die Frauen zum Kauf zu motivieren, schwieriger war es den
Ehemann zu überreden, denn damals musste immer das Familienoberhaupt Verträge
abschliessen, die Ehefrauen hatten nicht das Recht dazu. An guten Tagen machte
er drei sogar vier Demonstrationen, hätte es nur an den Frauen gelegen, würde
er auch bei jeder dieser Hausfrauen einen Staubsauger verkauft haben, denn alle
wünschten sich einen neuen oder gar ersten dieser Apparate die nicht nur
praktisch waren sondern auch ein gewisses Statussymbol darstellten. Ja es fiel
sofort auf, wenn eine Frau nicht mehr regelmässig Teppiche klopfen musste, denn die
Nachbarinnen sahen ja alles was im Quartier passierte. Bei gewissen Frauen kam
er nachmittags noch einmal vorbei, er hatte—absichtlich—ein Zusatzteil
vergessen, er bekam sein Teil zurück oft auch einen Kaffee und nicht selten sehr viel mehr! Marcel
war ein gewiegter Vertreter, er wusste instinktiv wie er auch den Herrn des
Hauses motivieren konnte, es klappte etwa in zwei Dritteln der Fälle. Damals
war es üblich um sechs Uhr zu Nacht zu essen, sobald der Herr des Hauses kam
setzte man sich zu Tisch. Um sieben Uhr klingelte Marcel. Er hatte die Frauen gebeten
ihrem Mann zu zeigen wie wirksam dieser
neue Staubsauger war. Nun galt es mit
dem Hausherrn zu Reden. Dabei wurde er sehr technisch und zeigte auch die Ecke
unter dem Teppich die er schmutzig gelassen hatte im Vergleich zu den sauberen
Flächen. Er erzählte Witze die nicht für Frauen oder Kinderohren bestimmt waren
und wenn immer möglich wurde ein Sohn in die Kneipe geschickt um Bier zu holen.
Meist konnte er einen Vertrag abschliessen obwohl es sich für damalige
Verhältnisse um recht viel Geld handelte. Marcel war ein Gutverdiener bewundert
und auch beneidet von seinen Freunden. Sein Verdienst war absolut legitim
arbeitete er doch viel und effizient. Als die Gegend abgegrast und die meisten
Haushalte versorgt waren kam die Zeit der Waschmaschinen, seine Verkaufstechnik
blieb dieselbe sein Verdienst war aber um ein mehrfaches höher und die
Dankbarkeit mancher Frauen, die sehr fühlbare Dankbarkeit, dauerte oft viel
länger als die Garantie auf die Maschinen. Dass dann Fernseher und später
Farbfernseher sein neues Fachgebiet wurden sei nur nebenbei erwähnt. Er konnte
sich schon mit Mitte fünfzig in Spanien zur Ruhe setzen.
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