Björn wachte eines Sonntagmorgens auf, er lag neben seiner
Frau, es war noch sehr früh aber der Jahreszeit gemäss schon ganz hell, da
erschrak er sehr. Ja als er zu seiner unförmig dicken Frau sah glaubte er im
ersten Moment zu träumen, denn er sah sie zwar überdeutlich aber doppelt, es
war furchterregend. Wie konnte es zu erklären sein? Björn war Professor für Neurologie an der
Universitätsklinik wo er das Departement für Neurowissenschaften, dem die
Neurologie, die Neurochirurgie und die Neuroradiologie sowie ein grosses
Forschungslaboratorium angehörten, leitete. Er war ein international
anerkannter Fachmann, erst vor wenigen Jahren hatte er seinen fünfzigsten
Geburtstag gefeiert. Und nun dies! Dass er eine plötzliche Diplopie hatte
ängstigte ihn überraschender Weise viel weniger als der Umstand seine Frau
Josefine—genannt Josi—plötzlich im Doppelpaket zu sehen. Als er Josi
kennengelernt hatte war er ein frischgebackener Arzt und arbeitete an der
Klinik als Unterassistent. Schon am ersten Arbeitstag fiel ihm diese Schönheit
auf. Josi war eine blutjunge Lernende, sie wollte Hilfsschwester werden, zu
mehr reichten ihre schulischen Leistungen leider nicht. Schon nach wenigen
Tagen kamen sie zusammen, sie war hinreissend schön und abgrundtief dumm aber
trotzdem, oder gerade darum, sehr liebenswert auf ihre naive Art. Dass Josi
nach kurzem schwanger wurde verschwieg sie ihm bis es selbst einem jungen Arzt
auffallen musste, denn da sie wie ein Vögelchen ass konnte es sich nicht
um eine normale Gewichtszunahme handeln. Es kam zur Aussprache. War Josi so naiv oder
doch viel raffinierter als sie vorgab zu sein? sie hatte geglaubt ein Arzt
wisse schon wie man sich ohne Konsequenzen lieben könne, sagte sie, auch dass
sie ihre Regel nicht mehr hatte war ihr vorher schon sehr oft passiert;
ausserdem war sie ja, wie Björn genau wusste Jungfrau gewesen. An ihrer
Jungfräulichkeit hatte Björn so seine Zweifel, aber beweisen konnte er es ihr
natürlich nicht. Zu dieser Zeit gab es für einen anständigen Mann nur eine
möglich Konsequenz, es wurde geheiratet. Anfangs und während den ersten Jahren
–in denen noch drei weiter Kinder kamen—war alles recht erträglich. Die grosse
Liebe war es nicht aber Björn und Josi kamen ohne viel Streit aneinander
vorbei. Björn machte eine steile Karriere und hatte kaum Zeit sich um Frau und
Kinder zu kümmern. Er wurde sehr jung schon Oberarzt, dann Dozent und
schliesslich Professor. Sein Liebesleben spielte sich mit willigen Schwestern
und Assistenzärztinnen vor allem in der Klinik und auf Kongressreisen ab. Björn
war allerdings sehr vorsichtig geworden, da er ja schon vier Kinder hatte,
sagte er allen Partnerinnen dass er nun
Vasektomiert worden sei, was auch der Wahrheit entsprach. Er war ein inexistenter Vater und
ein unsichtbarer Ehemann, das Ehebett teilte er noch immer mit der unförmig
dick gewordenen Josi, die sich vehement gegen getrennte Schlafzimmer wehrte—was
sollen denn die Kinder, meine alten Eltern
und meine Freundinnen denken—war
ihr Argument. Oft übernachtete er ja nicht zu Hause, denn er hatte sich in der
Nähe der Klinik eine Garçonnière eingerichtet. Nun zurück zu jenem schrecklichen Morgen. Am Frühstückstisch sagte er
weder Josi noch den Kindern etwas über seine Diplopie, erstens hätten die
sowieso nichts kapiert und zweitens redete er kaum zu Hause. Da an diesem
Sonntag der jüngste Sohn seinen Geburtstag feierte wurden die alten
Schwiegereltern und Björns Mutter zum Mittagsessen erwartet. Es wurde ein sehr
mühsamer Tag für Björn aber er hielt durch. Am Abend bestellte er sich ein Taxi
und fuhr in die Klinik, selbst zu fahren traute er sich nicht. Björn wollte
seine Kollegen nicht aufscheuchen und so wartete er bis Montag früh in seiner
Garçonnière. Die
Diagnose wäre selbst für einen Anfänger leicht und ohne Zögern gestellt
worden, Glioblastom in einem Stadium und
einer Lokalisation, die keiner erfolgversprechenden Therapie zugänglich war. Als überzeugter Atheist war
sein Entschluss schnell gefasst, keine Therapie und zu seiner Genugtuung noch
einen kleinen Racheakt so als Abschiedsscherz für Josi—die, er war nun
überzeugt—ihn damals auf gemeinste Art reingelegt hatte um sich einen Arzt zu
schnappen. So entschied er sich, seiner verhassten Frau
einen grossen Schrecken einzujagen. Josi schlief immer mit
Ohropax und mit einem leichten Schlafmittel, weil sie angeblich wegen seines
Schnarchens nicht einschlafen konnte—dass sie ihrer Fettleibigkeit wegen jede
Nacht grosse Wälder absägte sei nur am Rande erwähnt—.An diesem Abend, als Josi
so richtig „sägte“ also im Tiefschlaf war spritzte er sich einen wohlüberlegten
Cocktail aus verschiedenen Muskellähmenden Substanzen der ihn in kurzer Zeit erstarren
und dann ersticken lassen würden, ihm aber doch noch die nötige Zeit liessen
Josi wachzurütteln damit sie seinen Todeskampf miterleben musste—er wusste,
Josi hatte panische Angst vor dem Tod und vor Leichen—deshalb wollte er neben
ihr im Ehebett sterben.Durch diese Suizidmethode konnte er bis zu seinem Ersticken den Horror
in Josis Augen voll auskosten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen