Vor vielen Jahren hatte ich einen Kollegen mit dem mich auch
ein freundschaftliches Verhältnis verband. Er ,Hans ,hatte mich ja schliesslich
als Kollege für seine Firma angeworben und
seinem Arbeitsgeber vermittelt, warum er dies tat, habe ich erst Jahre
später entdeckt—es gab eine Prämie wenn man einen Mitarbeiter anwarb— ja ich
hatte ihm zweitausend Franken eingebracht, damals viel Geld. Ich glaube noch
immer, dass die Kopf-Prämie nicht der einzige Grund mich anzuwerben war,
schliesslich war ich damals, als er mich anwarb sein direkter erfolgreicher Konkurrent
gewesen und er erwartete dadurch einen Vorteil für die Verkäufe seiner Firma,
ausserdem verstanden wir uns immer gut, was für die Zusammenarbeit auch von
Vorteil war.
Nach meiner Ausbildung in der Firma
hat er mir einen Teil seiner Kunden übergeben; er besuchte zuvor etwa einen Drittel
der Schweizer Ärzte—mehr als die ganze Westschweiz— und die Firma wollte
expandieren und den Aussendienst verdoppeln. An einem Abend lud er mich zu sich
nach Hause ein, er stellte mir seine Frau vor, von der er schon seit ich ihn
kannte, in höchsten Tönen geschwärmt hatte. Ich war konsterniert, dieser Frau
sah man auf den ersten Blick ihre „bewegte Vergangenheit“ an, sie sah recht
nuttenhaft aus. Sie war Serviererin in
einem Genfer-Lokal gewesen, wo Hans sie,
als er noch mit seiner ersten Frau zusammen war, kennen und lieben gelernt hatte.
Diese
Frau, Louisa stammte aus Katalonien, sie war äusserst sensibel und merkte sofort,
dass ich sie durchschaut hatte und sie hasste mich dafür, auf stille aber
effiziente Art. Ihrem Mann Hans gegenüber konnte sie diesen Hass sehr geschickt
verstecken, jedes Mal wenn wir uns sahen war sie absolut liebenswürdig—ja sogar
scheissfreundlich—mit mir. Erst nach der Hochzeit erfuhr Hans, dass sie
schon einmal kurz liiert gewesen war und einen Sohn aus dieser Beziehung hatte,
es sei eine Jugendsünde gewesen und der Sohn sei damals, wie üblich in Spanien, zur Adoption freigegeben worden.
Hans und Louisa hatten gemeinsam zwei Söhne, Zwillinge, die aber sehr
verschieden aussahen. Mehrere
Jahre, nach dem wir zusammen in derselben Firma arbeiteten, wurde Louisa krank,
die Diagnose fiel wie ein Schicksalsschlag auf die Familie, sie litt an einer
besonders aggressiven Form von Polyarthritis und musste schon bald mit schwerer
Munition therapiert werden. Nach nur wenigen Jahren bereits war sie an den
Rollstuhl gefesselt, wurde unförmig dick und trank immer mehr. Hans war
inzwischen sechzig Jahre alt und dachte daran, sich vorzeitig pensionieren zu
lassen um sich der Pflege seiner Frau zu widmen und durch seine Präsenz ihren
Wein und Schnapskonsum zu kontrollieren. Ich erlaubte mir ihn davor zu warnen
indem ich ihm darlegte, dass er dann zum „Hol mir bring mir „ von Louisa würde.
Er schlug meine Warnung in den Wind, aber schon ein Jahr nach seinem Entschluss
bereute er es so sehr ,dass er versuchte seine Arbeit wieder aufzunehmen, aber
die Stelle war natürlich schon längst, zu vollen Zufriedenheit der Firma, besetzt.
Nun brachen die Probleme Schlag auf Schlag über ihm herein. Erstens erfuhr er,
als Louisa und er beschlossen ein
Testament zu machen, dass der Sohn nicht wie immer behauptet, adoptiert worden
war, sondern bei Verwandten aufgewachsen und somit erbberechtigt war, was bei
Gütergemeinschaft die Zwillinge um einen Drittel des erhofften Erbes bringen
würde. Zweitens kam noch eine Tochter zum Vorschein, diese Tochter war leider
ein wenig zurückgeblieben und lebte in einem Heim, natürlich war auch sie
erbberechtigt. Und dann, ja dann wurde Hans selbst krank, es wurde bei
ihm—trotz regelmässiger Voruntersuchung—ein metastasierendes Prostata Karzinom
entdeckt. Als er, eine Woche nach der
Operation von den beiden Zwillingen und Louisa im Rollstuhl, im Spital abgeholt
wurde, trat er freudig aus dem Lift, machte einige Schritte und brach noch in der Halle des Spitals tot zusammen,
ein fudroyanter Schlaganfall! Nun hatte Louisa nur noch die Zwillinge zum
Tyrannisieren, alle beide verliessen fast schon fluchtartig ihr Vaterhaus und
Louisa musste sich mit Pflegepersonen und einer alten Putzfrau herumschlagen,
diese liessen sich aber nicht schikanieren und so landete Louisa bald in einem
Pflegeheim.
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