Zusammengekommen sind sie, Walther und Ursula, als beide
schon mehrere Beziehungen hinter sich hatten. Kennengelernt hatten sie sich,
wie heute üblich im Internet. Walther war schon dabei seine dritte Ehe durch
einen bösartigen Prozess zu beenden; schuld war, wie bei den zwei
vorausgegangenen Scheidungen natürlich seine Frau. Walther hatte aber auch immer
Pech mit seinen Ehefrauen, alle waren psychisch angeknackt, konnten dies aber
in der anfänglichen Werbephase sehr geschickt vertuschen. Bösartig war
natürlich seine Frau, die alles von ihm wollte, ja –so sagte Walther immer
wieder—sie war arm wie eine Kirchenmaus und nun will sie von mir alles was ich
mir erarbeitet habe und auch noch die Hälfte meines Erbes. Nicht ganz ohne
Eigennutz unterstützte Ursula ihren neuen Lebenspartner, denn endlich hatte
sie—so glaubte sie mindestens—den idealen Lebenspartner gefunden. Walther war
gebildet, schrieb wunderschöne verliebte E-Mails und war auch ein grosser
Kunstfreund. Museen und Ausstellungen sowie Theater und Konzerte waren ihm
lebenswichtig. Dass er auch gerne wanderte und ein wenig Sport trieb rundete
die Vorstellung die Ursula von einem idealen Partner hatte ab. Walther
arbeitete im mittleren Kader in einer Grossbank. Ursula war Filialleiterin
eines konkurrierenden Bankhauses in derselben Stadt irgendwo in Deutschland.
Ursulas Stelle war besser dotiert und prestigeträchtiger als die Walthers, was
alle beide nicht störte, ja Walther sagte immer wieder, dass er es toll finde
eine solch erfolgreiche Frau „sein Eigen nennen zu können“. Nun wurde die
Direktionsstelle in Walthers Bank plötzlich frei, der Direktor war auf einer
Bergtour tödlich verunglückt. Ein Headhunter kontaktierte Ursula und bot ihr
die Nachfolge an. Ursula besprach alles mit Walther, der sie voller Begeisterung unterstützte. Die
Verhandlungen gingen reibungslos und erstaunlich schnell vonstatten. Schon
wenige Tage später hatte sie den vom CEO unterzeichneten Vertrag zugeschickt
bekommen. Zur Feier des Vertrags brachte Walther, ganz galanter Gentleman, eine
Flasche Dom Perignon, Kaviar und gekochten Hummer mit nach Hause. Es folgte
eine lebhafte Liebesnacht, Ursula schlief
selig in Walthers starken Armen ein. Am nächsten Morgen sagte Ursula, dass
sie den Vertrag sofort zur Post bringen wolle denn es wurde erwartet dass
dieser wichtige Vertrag innert achtundvierzig Stunden auf dem Schreibtisch des
CEO`s läge. Walther sagte, dass er in zwei Stunden sowieso eine Sitzung der
Geschäftsleitung habe und den Vertrag dem Big Boss persönlich geben könne. Mit
einem dicken Kuss bedankte sich Ursula dafür, sie dachte immer noch an die
vergangene Nacht. Zwei Wochen später klingelte das Telefon auf Ursulas
Schreibtisch es war der CEO ,ihr neuer Arbeitsgeber, er wollte wissen warum Ursula, nach der mündlichen Zusage, durch
ihren Anwalt telefonisch bestellen
lassen hatte, dass sie nun die Stelle doch
nicht antreten würde, da sie ein viel besseres Angebot von ihrem
jetzigen Arbeitsgeber erhalten habe, er finde das sehr befremdlich und unfair.
Ursula fiel aus allen Wolken, sie beteuerte dass ihr Lebenspartner Walther ihm
doch den unterschriebenen Arbeitsvertrag persönlich gebracht haben musste.
Einen Walther kenne ich nicht und ich glaube, dass ein Kader mit diesem
Vornamen nicht hier bei uns existiert, nun hat ihr Mitbewerber das Rennen
gemacht, schade für sie. Ungläubig rief Ursula ihren Walther auf seinem
Mobiltelefon an, die automatische Antwort „diese Nummer ist nicht mehr in
Betrieb“ gab ihr den zweiten Schock des Morgens. Sie setzte sich ins Auto und
raste nach Hause. Die Wohnung war leer, nichts zeugte davon, dass irgendeinmal
ein Mann namens—und nun zweifelte sie auch am Namen—Walther in dieser Wohnung
gewesen war. Ursula beteuerte nun schon—
zwei Mal die Woche— wenn sie erschöpft auf der Couch des Psychiaters lag, dass
sie dies alles doch nicht geträumt haben konnte. Ghosting, sagte der
Psychiater, nennt man sowas, aber so fies habe ich es noch nie gehört, das tönt
wirklich nach Rache, haben sie diesem Walther irgendetwas zuleid getan? Nun
zerbrach sich Ursula auch noch das Gehirn was ach was habe ich ihm denn Böses
getan?? Wäre Walther in der Lage gewesen dies zu beobachten hätte er sich
sicherlich daran sehr „aufgegeilt“ sein Ziel war total erreicht.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen