Sie war
wirklich nicht schön, ganz im Gegenteil, man musste zugeben, so hässlich war
wohl in der ganzen Stadt keine. Trotzdem verliess sie die Bar fast nie alleine. Es war nicht
nur die eine Bar oder Kneipe, nein Alice frequentierte alle Orte wo man ein
Glas trinken und sei’s am Tisch oder eben an einer Bar Bekanntschaften
schliessen oder meist sogar erneuern konnte. Betrachtet man es genau, war
eigentlich nur ihr Gesicht hässlich ansonsten hatte sie einen
durchschnittlichen unauffälligen Körper. Allerdings legte sie keinen Wert auf
Kleidung, sie war ungepflegt, lief immer
in abgetragenen Pullis oder Blusen, flachen Schuhen und zerrissenen Jeans rum;
ja ihrer Kleidung nach hielt sie , wer sie noch nicht kannte, für eine Clocharde. Alice hatte einen Vorteil,
sie war wohlhabend, nicht sehr reich aber eben wohlhabend. Es genügte um
komfortabel ohne finanzielle Probleme zu leben und sich fast alles leisten zu
können. Tagsüber arbeitete sie im Geschäft, dass ihr verstorbener Vater ihr
hinterlassen hatte. Sie hatte, bis sie fast vierzig war, mit dem doch, sehr
schrulligen, Vater zusammen gelebt, ihre Mutter war kurz nach ihrer Geburt
spurlos verschwunden, bis heute ist es nicht klar was damals geschehen war. Man
munkelte — aber man munkelt ja viel —, dass sie ermordet oder entführt worden
sein könnte, genaueres weiss man nicht und der Vater hat das Geheimnis—wenn es
überhaupt eines gab—mit ins Grab genommen. Die ganze Stadt wusste, dass ihre
Mutter eine Schlampe gewesen war und dass ihr Verschwinden für ihren Vater
sicherlich eine Erleichterung gewesen sein musste. Zurück zu Alice, sie war wie
schon gesagt hässlich aber auf eine ganz subtile Art, für viele Männer—vor allem
junge Männer—doch sehr anziehend. Lag das etwa an ihrer kumpelhaften Art oder
an den deftigen Geschichten und Witzen die sie laut lachend zum Besten gab oder
war sonst noch etwas mit im Spiel? Alice brauchte die fast tägliche Bestätigung
dass sie noch immer mit über fünfzig Jahren dazu im Stande war einen jungen
Liebhaber für eine Nacht abzuschleppen; manchmal in Ausnahmefällen blieb sie
mit dem jungen Liebhaber mehrere Tage verschwunden. Ob die Tatsache, dass sie
nur Champagner trank und trinken liess eine Rolle gespielt hat, dass sie immer
Erfolg hatte bei den Männern die sie ins Visier nahm weiss man nicht, aber klar
scheint, dass Alice ausser reichlich Champagner keine Geschenke machte. Mehrere
ihrer Liebhaber, versuchten sich dauerhaft an Alice zu binden, auch
Heiratsanträge erhielt sie des Öfteren, sie war aber viel zu luzide um dahinter
nicht ein pekuniäres Interesse zu wittern. Sarkastisch fragte sie dann: „es ist
doch nicht meine hässliche Visage sondern mein Geschäft und Bankkonto die in
dir mein „Schatzi“ die grosse Liebe erweckt haben“ dies begleitete sie mit
schallendem Gelächter.
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