Samstag, 1. August 2015

Lügen haben kurze Beine

Endlich ein Abend an diesem Kongress in Aix-les-Bains , wo wir, mein Kollege Hans und ich, keine Einladungen hatten, da es der Abend des grossen Galadiners war. Also sassen wir in unserem Lieblings-Restaurant, assen gut und lachten viel mit dem, immer zu Scherzen bereiten, Wirt. Hans trank, entgegen seiner Gewohnheit, erstaunlich wenig. Auch drängte er, Müdigkeit vortäuschend zu raschem Aufbruch. Jahre zuvor hatte er mir von einer Affäre, die er im benachbarten Annecy gehabt hatte, mit allen pikanten Einzelheiten erzählt. Und nun fuhren wir zurück ins Hotel um endlich mal genügend Schlaf zu bekommen. Ich ging noch nicht aufs Zimmer, denn der Hotelbesitzer, den wir schon seit Jahren kannten, lud uns noch zu einem Drink in der Bar ein; Hans  verweigerte den Drink, dies war sehr ungewöhnlich! denn meist war er es der immer noch ein letztes Glas wollte. Die Hotelbar war nur spärlich besetzt, da die meisten Gäste am Galadiner waren. Es wurde spät, denn der Hotelier war mal wieder bei seinem Lieblingsthema angekommen—er sammelte Bilder  regionaler Künstler—und dafür reiste er von Auktion zu Auktion. Als ich endlich im Zimmer war und die Balkontür öffnete, sah ich zu meinem Erstaunen,  dass der Citroen meines lieben Kollegen verschwunden war. Ich überlegte noch, ob er wohl gestohlen worden sei, denn damals war so etwas in dieser Gegend recht häufig der Fall, ging dann allerdings bald zu Bett. Beim Frühstück fragte ich –auf etwas perfide Art—ob Hans auch so tief und gut geschlafen habe. Da tischte er mir folgende Lüge auf: „ ja kaum hatte ich den Kopf auf dem Kissen war ich schon weg“. Ich konnte es mir nicht verkneifen zu antworten: „ja du warst sogar mit deinem Auto weg“ woraufhin Hans zum Frühstücksbuffet ging und mit gefülltem Teller zurückkehrte, das Gespräch drehte sich ab dann nur noch um die Arbeit am Kongress. Wochen später bat mich Hans um ein Gespräch. Er hatte ein Problem. Seine Frau hatte einen Brief der Polizei von Annecy geöffnet und nun musste er ihr erklären wie es dazu gekommen war, dass er um fünf Uhr früh in Annecy, in der Strasse wo seine –ehemalige inzwischen aufgegebene Mätresse—wohnte, geblitzt worden war. Er erwartete von mir, dass ich seiner Frau eine Geschichte auftischen sollte, denn auf dem Beweisfoto war nicht klar zu erkennen wer da nun am Steuer sass. Weil ich mich nicht darauf einliess, entstand eine gewisse kühle Distanz zwischen uns, die erst nach seiner Scheidung, die seine Frau ihrer Drohung entsprechend sofort verlangt hatte, allmählich verschwand. Fortan wohnte Hans in einer billigen Studio-Wohnung im schlechtesten Quartier von Genf und trauerte—nicht etwa seiner Frau—sondern der schönen Villa und den „Federn“ die er hatte lassen müssen, nach. Auch dass seine Kinder jeden Kontakt  mit ihm verweigerten schmerzte und verletzte ihn—in seiner Überheblichkeit verstand er nicht wie sehr er seine Familie verletzt hatte. Dies ist ein neuer Beweis, dass seinen Instinkten und Trieben nachzugeben—also schwanzgesteuert zu sein—  zur Lebens- Katastrophe führen kann. 

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