Es ist ja schon seit der Antike bekannt, wenn du
jemandem einen Dienst erweist, machst du dir einen Feind, weil er sich in deiner Schuld fühlt. Es ist einfacher mit
dem Dienst unzufrieden zu sein als sich zu bedanken. Dazu eine kleine
Geschichte, ob sie erlebt oder erfunden ist spielt eigentlich kaum eine Rolle.
Es waren einmal zwei Freundinnen, die eine hatte einen Laden, einen Modeladen
mit schönen sehr modischen Kleidern. Nennen wir sie Roswitha, ihre Freundin
hiss Eveline. Warum diese zwei so unterschiedlichen Frauen befreundet waren hat
kaum eine andere ihrer Bekannten und Freundinnen je verstanden. Roswitha und Eveline verbrachten sehr viel Zeit
zusammen in dem Laden, sie schwatzten und tranken Kaffee und diverse
Light-Getränke. Kamen Kundinnen in die Boutique so kümmerte sich Roswitha um
sie ,meist kauften diese Frauen auch etwas, manchmal reservierten sie aber nur
dies oder jenes, um sich Bedenkzeit zu lassen. Ab und zu, aber eher recht
selten, wenn sie zum Arzt oder sonst wohin musste, bat Roswitha ihre Freundin
den Laden zu hüten. Eveline sagte nie nein, denn insgeheim beneidete sie ihre
Freundin um diese schöne Boutique, die sie nur dank ihres Mannes
Grosszügigkeit, vor einigen Jahren eingerichtet hatte. Ja
Roswitha hatte alles, einen Mann, zwei Kinder und diese beneidenswert tolle
Boutique. Eines schönen Tages fragte Roswitha ihre Freundin ob sie einverstanden
wäre, die Boutique für ein ganzes Jahr
zu hüten, denn sie und ihr Mann wollten mit den fast schon erwachsenen Kindern
zusammen eine grössere Reise unternehmen—so was wie eine letzte gemeinsame Zeit
bevor die Kinder studierten—. Eveline war natürlich Feuer und Flamme und sagte
sofort zu. Allerdings musste sie dazu auch die neue Mode für die nächsten
Saisons einkaufen. Roswitha erklärte ihr alles und empfahl ihr, den Verkäufern,
die sie schon seit Jahren kannte, zu vertrauen was Menge Grössen und Auswahl
betraf. Die Familie verreiste und Eveline kümmerte sich um die Boutique. Bald
merkte sie, dass die Stammkundinnen kaum je etwas kauften, nein sie
reservierten und dann traten sie vom Kauf zurück, dies fast systematisch. Auch
kamen immer weniger der Stammkundinnen, die Eveline ja auch vom Sehen her
kannte, in den Laden. Es war für Eveline unverständlich und sehr frustrierend.
Selbst im Ausverkauf konnte sie nur wenig—vor allem an
Laufkundschaft—loswerden. Trotzdem musste sie die neue Kollektion einkaufen.
Sie war sicher, dass die von Roswitha gekauften Sachen nicht dem Kundenwunsch
entsprachen und so schlug sie die Ratschläge der Verkäufer in den Wind und
suchte selbst, nach ihrem Geschmack, aus. Nichts, oder fast nichts der so gut
ausgesuchten Sachen brachte Eveline an den Mann, beziehungsweise, richtiger, an
die Frau. Als Roswitha, nach einem Jahr
zurückkam, hatte ihr ihre LADENHÜTERIN statt gute Umsatzzahlen nur sehr viele
LADENHÜTER zu präsentieren. Komisch ,dass die
Freundschaft danach nicht mehr so richtig innig weiterging.
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