Nie zuvor und auch fast vierzig Jahre danach habe ich
so etwas gesehen. Es war komisch und erschreckend zugleich, das
schwierigste dabei war, selbst das Gesicht zu wahren, während das Gesicht
des Protagonisten zerfiel, zerbröckelte und einfror.
Ja damals Ende der Siebzigerjahre, ich war
seit fünfzehn Jahren schon in der selben Firma im Aussendienst und fühle mich
etwa so wie ein altes Möbelstück behandelt, das zwar immer da ist, welches man
aber nicht mehr pflegen muss. Als mich dann ein Kollege einer anderen
Pharmafirma fragte, ob ich nicht Interessiert wäre mit ihm zusammen in seiner
Firma zu arbeiten, entschied ich, mich dort zu bewerben. Der
Kollege sagte mir allerdings, er habe schon mehrere Kollegen befragt und diese
seien auch schon zu einem Bewerbungsgespräch angetreten, aber er würde alles
stoppen, sollte ich mich bewerben, denn er habe mich seit Jahren als
kompetenten und beliebten Mitarbeiter kennengelernt und da wir ja
zusammenarbeiten würden wäre er froh es mit mir und nicht mit –er nannte mir
die anderen Kandidaten—so mittelmässigen. Warum er mehrere Kandidaten
angesprochen hatte erfuhr ich erst viel später, ja die Firma zahlte für jeden
valablen Kandidaten dreihundert Franken und für den Kandidaten auf den die Wahl
fiel zweitausend. Weil nun mein zukünftiger Kollege eine sehr enge Beziehung
zum Materiellen hatte, schickte er mehrere Kandidaten nach Basel um sich mehr
Geld zu sichern, denn alle waren irgendwie als valabel einzustufen, arbeiteten
sie doch seit Langem in anderen Firmen.
Also ging ich nach Basel zu einem Gespräch, ich wurde
von mehreren Personen getestet und dann gefragt, ob ich einverstanden sei, da
ich in die engere Wahl komme, zu einer renommierten Psychologin zu gehen. Ich
war einverstanden, würzte aber mein Einverständnis mit einem kleinen
Psychotest, ja ich bat—um keinen Arbeitsausfall bei meinem jetzigen Arbeitsgeber
zu haben— und da es meine Ehrlichkeit nicht zuliess einfach frei zu nehmen, an
einem Samstag oder Abends nach Achtzehn Uhr zu diesem Test zu gehen. Dies
beindruckte meine eventuell zukünftige Chefin ausserordentlich. Nach
absolviertem Test bei einer sehr charmanten älteren Psychologin, die dem Namen
nach zum „Basler Daig“ gehörte, wurde ich zu einem finalen Gespräch nach Basel
eingeladen, an einem Samstag!! Um zehn Uhr früh fand ich mich in der Firma ein
und wurde von der Chefin persönlich abgeholt, weil der Pförtner—der ja sonst
samstags nie da sein musste—verspätet kam. Ihre
Psychologische Beurteilung ist sehr positiv sagte mir die Chefin schon im
Fahrstuhl in die obere Etage. Man bot mir Kaffee an und fragte mich ob ich die
Stelle—zu den schon bekannten sehr guten Konditionen—annehmen wolle. Ich
bejahte und unterschrieb sofort den vorbereiteten Vertrag. Innerlich frohlockte
ich, da ich mit einem Schlag, nur schon mit dem Grundlohn und den grosszügigen
Spesen etwa fünfundzwanzig Prozent mehr
verdienen würde; dazu kamen ja noch—hoffentlich erreichbare— Prämien. Wir, der Personalchef,
der Direktor und meine „jetzt“ Chefin plauderten noch angeregt, bis etwa
viertel vor elf. Dann verabschiedete ich mich und nahm den Lift zum Ausgang. Als der Fahrstuhl sich öffnete stand ein Kollege,
den ich natürlich seit Jahren kannte, vor der
Tür. Als er mich sah und erkannte fror sein Lächeln ein und
dann wurde sein Gesicht plötzlich wie
versteinert und er sagte. Du bist also der andere in der Endrunde, dann ist es
ja für mich gelaufen, ich muss gar nicht mehr
hinaufgehen. Ich versuchte ihn zu
beruhigen, sagte nicht dass ich unterschrieben habe und wollte mich
verabschieden. Aber er klammerte sich an mich und sagte, dass meine absolute Zweisprachigkeit
sicherlich ein grosser Vorteil sei. Ich
liess ihn in diesem Glauben und schützte Beschäftigung vor, als er mich bat,
doch auf ihn zu warten.
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