Alle in der Schule hielten Dieter für ein Riesen-AL. Selbst
den Lehrern ging dieser fiese Streber auf den Sack, auch die Lehrerinnen fanden
ihn zum Kotzen. Lag es an seinem familiären Hintergrund, denn seine Eltern
waren sehr streng mit ihm? Der Vater war höherer Polizeibeamter, einer von der
unangenehmsten, sadistischen Sorte, die
Mutter hingegen war das was man früher als Waschweib bezeichnete, sie arbeitete
Halbzeit als Hilfskraft im Kirchgemeindehaus der Reformierten Kirche. Bigott
waren schon die Grosseltern gewesen, das heisst sie waren es noch immer. Beide
Opas waren Lehrer und ihre Frauen die Omas hatten sich um Haushalt und
Kinderdressur gekümmert; ja Erziehung war in diesen Familien ein totales
Fremdwort gewesen. So waren die beiden Opas, die ja ein Leben lang in derselben
Schule unterrichtet—eigentlich gewütet—hatten und der Vater im Kirchenrat und
kontrollierten alles was in der Gemeinde passierte. In welcher politischen
Partei sie militierten sei dahingestellt, wo immer es war, sie, die beiden Opas
und der Vater, hatten das Sagen! Nun zurück zu unserem „Goldstück“ Dieter. Er
nahm sich alles was er zuhause mitbekam sehr zu Herzen, besonders wenn die
zwei Opas ihrem Sohn, seinem Vater,
beziehungsweise Schwiegersohn zuhörten als der erklärte wie er Verdächtigen Fallen stellte und die
Freude die er fast schon körperlich empfand wenn die Schuldigen dann auch in
die gestellte Falle tappten und so der gerechten Strafe zugeführt werden
konnten. Dieter machte es genauso, er spionierte die Mitschüler aus und petzte
nicht etwa im Geheimen, nein er meldete sich vor der ganzen Klasse zu Wort, um
dem Lehrer die Sündenböcke zu nennen welche dies oder das angestellt hatten.
Auch in der Freizeit musste man sich vor Dieter in Acht nehmen, er versteckte
sich da wo er glaubte, oder gar wusste, dass die Mitschüler nach der Schule
ihre verbotenen Streiche und Ungezogenheiten anstellten. Dieter machte im
Religionsunterricht sehr eifrig mit und petzte dem Pfarrer alle schlimmen Worte
und Taten seiner Mitschüler. Der Pfarrer war ein alter vergrämter humorloser
kinderloser Witwer, seine Frau war vor vielen Jahren, noch sehr jung,
verstorben und es war für ihn Labsal diese bösen Kinder, die Dieter ihm mit
allen Einzelheiten ans Messer lieferte, gebührend zu ermahnen oder gar zu
bestrafen. Das schlimmste war, wenn der Herr Pfarrer sich für einen Besuch bei
den Eltern des Sündenbockes ankündigte. Ja Dieter war der aufrechte Helfer der
Schule und der Kirche. Er musste viel lernen, drei Mal wöchentlich bei dem
einen und vier Mal wöchentlich bei dem anderen Opa, der ihn auch am Sonntag in
Religion unterrichtete. Dadurch war er
den anderen meilenweit voraus und hatte doch noch Zeit zu intrigieren.
Inzwischen war man im sechsten Schuljahr, wo der Weizen von der Spreu getrennt
werden musste, die einen kamen ins Gymnasium, die anderen entweder in die
Sekundarschule oder—die weniger begabten—in die Realschule. Vor dem Abschluss des
Schuljahres der Klasse war ein Ferienlager anberaumt, alle Schüler waren dabei.
Eine Woche Wanderung im schönen Hinter-Rheintal. Alle, Schüler und Lehrer kamen
erholt von dieser Erfahrung nach Hause, nicht so Dieter, er war unglücklich
ausgerutscht und tief ins Tal gestürzt. Die religiöse
Abdankfeier war sehr ergreifend mit dem Gesang der vereinten Schulklassen „ Ich
hat einen Kameraden“. Warum dann auf dem Friedhof eine so fröhliche Stimmung
herrschte blieb den Eltern und den Grosseltern ein Geheimnis, sie dachten
sicherlich dass die Erinnerung an ihren über alles geliebten Dieter alle so
fröhlich gestimmt hatte.
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