Montag, 7. September 2015

Schweigen

Nun sass er wieder da, mit ausdruckslosem desinteressiertem ja gelangweiltem Gesicht, Lisa sah dass er ihre Bemerkungen mal wieder überhaupt nicht  verstanden und erst recht nicht  akzeptiert hatte, er war sauer. Wie war es dazu gekommen? Ach ja Lisa hatte sich erlaubt zu fragen: „du hast  wohl länger gearbeitet  da du den späteren Zug  genommen hast“,  ihre Anfrage war sachlich neutral, es war weder ein Vorwurf noch eine Inquisition, aber er, Theo fühlte sich überwacht und schrie sie sofort an. Du kannst ja gar nicht wissen, was es bedeutet, in der Klinik Dienst zu haben und sich um alles kümmern zu müssen, denn du hast ausser dem bisschen Haushalt nichts Wichtiges zu tun und ausserdem habe ich deine Unterstellungen einfach satt. Theo war seit einigen Wochen, ja eigentlich seit dem Wochenenddienst an Ostern wie verwandelt.                                                                                     Er kam immer öfter Stunden später als bisher. In den zwei Jahren die sie nun schon zusammen waren, ist Theo nicht ein einziges Mal später als erwartet gekommen, was Lisa sehr erstaunlich fand da sie dachte ein Arzt muss sicher manchmal länger bleiben. Seine Anrufe kamen auch nicht mehr sofort nach Dienstschluss, nein oft rief er erst vom Zug aus an, kurz bevor er ankam. Auch hatte er sich immer sehr gefreut, wenn Lisa ihn in der Klinik, so als schöne Überraschung, abgeholt hatte. Dann waren sie zusammen spazieren gegangen und anschliessend in eins ihrer Lieblingslokale um eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen, ein oder mehrere Gläschen vom lokalen Wein hatten auch nie gefehlt.                                                                                                                                                              Ja am Ostermontag, weil Theo Dienst hatte und das Wetter so schön war, hatte Lisa eine Radtour gemacht und sich spontan entschieden Theo zu besuchen und mit ihm zusammen in der –sehr guten— Kantine eine Kleinigkeit zu essen. Theo war nicht auf Station gewesen, auch im Büro war er nicht, nein er war schon in der Kantine wo Lisa ihm sichtlich ungelegen kam, sass er doch mit einer bildschönen jungen Assistentsärztin in äusserst angeregter, nicht nach dienstlich aussehender Konversation. Lisa wusste natürlich von der neuen Assistentin, Theo hatte, auf ihre Anfrage hin, ob sie hübsch sei nur murmelnd geantwortet nee eher ein Mauerblümchentyp, und nun war es ihm sichtlich peinlich diese  sehr attraktive ein wenig „nuttenhafte“ junge Frau  auch noch als seine neue Assistentin und engste Mitarbeiterin vorstellen zu müssen. Der Verlauf des Essens, nun zu dritt war, dank krampfhaften Bemühens  aller, nicht in Schweigen gehüllt. Und seither war Theo wie ausgewechselt. Es gab ohne Anlass regelmässig Streit. „Du spionierst mir nach, meine Kollegen reden schon hinter meinem Rücken, dabei gibt es keinen Grund; krankhaft eifersüchtig bist du warum weiss ich nicht, Grund dazu habe ich dir nie gegeben. Keine  Frau meiner Kollegen kommt in die Klinik um ihren Mann zu kontrollieren, nur mir muss so was Peinliches passieren“. Wenn er, so wie heute, mal wieder dasass, fiel Lisa auf, dass er einen ganz starren, wie abwesenden Ausdruck hatte auch seine Körperhaltung war fast schon spastisch, aber was sie am meisten beunruhigte war, dass er mit  den Händen so etwas wie, ja wie denn? ach ja, wie Würgegriffe machte und den Mund ganz verkrampft geschlossen hielt – er machte ihr richtig Angst—. Plötzlich stand Theo ruckartig auf und verliess Türe knallend die Wohnung. Am nächsten Tag kam er, als Lisa beim Einkaufen war, seine Sachen abholen und liess den Schlüssel im Briefkasten . Seither sind mehrere Wochen vergangen ohne dass Lisa ein Lebenszeichen von ihrem, na was denn Traummann, Lebenspartner? erhalten hatte. War sie für ihn bloss eine Übergangsfrau gewesen? Lag es an Lisa oder war er, Theo, einfach ein Schweinehund?

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