Montag, 25. Januar 2016

Eheschwindel oder Ghosting ?

Er war kein Eheschwindler im juristischen Sinn, nein er verschwieg nur, dass er schon mehrmals verheiratet gewesen war. Er war  dann immer geschieden worden, brachte es aber fertig, seinen ex Frauen nie eine finanzielle Unterstützung geben zu müssen. Allein gelebt hatte er nie, immer hatte er einige Beziehungen parallel laufen. Eine eigene Wohnung hatte er nie gehabt. Er überrumpelte seine Eroberungen jedes Mal denn er zog immer—mit Sack und Pack— sofort ein, wenn er eine neue Frau kennenlernte. Mit seinem melancholischen Hundeblick kriegte er die Frauen dazu ihr Gehirn auszuschalten und dem (unter)Bauchgefühl  nachzugeben. Er war unberechenbar, wovon er lebte verschwieg er aber er verschwand plötzlich für längere Zeit und kam dann absolut selbstverständlich und ohne Erklärung zurück. Dann nahm er seinen Platz wieder ein als ob nichts gewesen sei. Was er von sich und seiner Kindheit erzählte war immer äusserst vage, festnageln konnte man ihn nicht, er wich allen präzisen Fragen sehr geschickt aus. Warum kaum eine der Frauen je aufbegehrte ist ein wohlgehütetes Geheimnis. Hatte eine seiner Frauen irgendeine Idee oder einen Vorschlag, war er immer gleich Feuer und Flamme, tat dann allerdings nichts um diese Idee oder den Vorschlag Wirklichkeit werden zu lassen. Später, als die  Partnerin auf ihren Vorschlag zurückkam hatte er alles ganz und gar vergessen ,oder schwor nie so was gehört zu haben—aber selbstverständlich ist das eine Superidee—sagte er und vergass es sofort wieder. Mehrere dieser Frauen planten mit ihm  eine gemeinsame Zukunft mit eigenem Haus und wohl auch mit Kindern. Immer war er davon sehr angetan—dass er keine Kinder mehr zeugen konnte verschwieg er tunlichst—und was das Haus betraf war er immer sofort bereit danach im Internet zu suchen. Zum Verkauf stehende Häuser besuchten sie dutzendweise zusammen. Auch plante er mit der jeweiligen Frau schon mal die Einrichtung und die Gartengestaltung. Wenn er merkte dass ihm die Kontrolle entglitt, verschwand er ohne ein Wort; die Frau kam eines Tages nach Hause, die Wohnung war leer und von ihm war keine Spur mehr zu sehen, als sei nie jemand da gewesen. Gestohlen hat er nie etwas, sich durchgefressen hat er immer und überall. Erinnerungsgegenstände waren keine zurückgeblieben, denn Geschenke nahm er zwar willig an—ja er bettelte auf subtile Art darum—selbst hat er nie im Leben jemandem irgendetwas geschenkt, ausser ab und zu etwas zu essen und trinken, welches dann gemeinsam verzehrt werden konnte. Ob der angegebene Name echt war, fragten sich seine Opfer erst als er schon über alle Berge war; auch dass er nie Post erhalten hatte fiel erst nach seinem Verschwinden auf. Erst als  seine so oft gewählte Handy-Nummer  mit synthetischer Stimme  „diese Rufnummer ist nicht mehr in Betrieb“  antwortete wurde es den Frauen bewusst, dass nie irgend eine andere Person sein Handy angerufen hatte.  Dass er im Laufe der Zeit viele gebrochene Herzen und verzweifelt sich fragende Köpfe hinterliess störte ihn wohl kaum—oder ergötzte er sich sogar an der Vorstellung dass man ihm nachtrauerte?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen