Er hing an
ihr—seiner Laura—wie ein Junkie an der Nadel oder wie ein Tropfen an der Nase
eines Greises. Alles machte er für sie, seit sie ihn vor vielen Jahren aus dem
Grossstadtsumpf in diese kleine Berggemeinde hinauf geschleppt hatte. Er war
den Drogen und dem Alkohol verfallen gewesen.
Warum ihn Laura so energisch davon losgeeist hatte lag für kluge
Beobachter auf der Hand. Nicht zu gedröhnt war Luis ein Prachtkerl. Ja selbst
die vielen Jahre seines Abdriftens in die Halbwelt hatten seinem Aussehen nicht
geschadet, höchstens ein melancholischerer Ausdruck überschattete sein schönes
markantes Gesicht. Laura hatte ihn damals sofort gebeten, den ungepflegten Bart
wegzumachen, sie wusste dass er darunter einfach hinreissend aussehen würde.
Wer war nun eigentlich Laura? Laura war eine Aussteigerin, sie war Anwältin
gewesen hatte es aber—wohl aus Leidenschaft für Dunkles— nie fertiggebracht die
nötige Distanz zu ihren Klienten—durchs Band schwere Jungs—zu wahren. Als sie
dann das recht ansehnliche Vermögen eines, vor langer Zeit weggejagten und
seither als verschollen gegoltenen „Onkels aus Amerika“ erbte war ihr
Entschluss schnell gefasst; sie ging abrupt weg und kaufte einen kleinen
Bauernhof in einem Bergdorf. Ab und zu zog es sie natürlich in den Sündenpfuhl der
Grossstadt zurück, ihrer ehemaligen Wirkstätte, aber immer unter „ehrenhaften“
Ausreden, in Wahrheit eigentlich um sich mal wieder einen Kerl zu nehmen. Und
so hatte sie in einer bekannten Kaschemme diesen Luis gesehen und nicht mehr
losgelassen. Glücklich, ja glücklich, waren die beiden wohl zusammen bis Laura in
sehr kurzer Zeit ganz gelb wurde und zu
schwach war um sich auf den Beinen zu halten. Die Verdachtsdiagnose—Leberkrebs—stellte,
ganz richtig, der alte leicht vertrottelt wirkende, aber immer noch sehr fitte Dorf
Arzt. Es ging schnell, sodass nur noch wenig Zeit blieb zu heiraten und das
wollte Laura unbedingt damit Luis Haus und Hof erben und sein gesundes Leben
weiterführen konnte. Erst jetzt merkte Luis, dass er nicht nur seine Liebe
sondern vor allem seine Lebens-Stütze verloren hatte. Schon kurz nach der Beerdigung kamen ehemalige Freunde
aus der Drogenszene um ihre Ware anzubieten. Luis schmiss alle raus, wer nicht
schnell genug weg ging musste damit rechnen den steilen Bergpfad hinuntergestossen zu
werden. Luis war ja inzwischen clean, nur dem Alkohol dem blieb er treu,
allerdings sehr massvoll. Ohne seine Laura fand er sein Leben fad, wofür fragte
er sich soll ich noch weitermachen? War es ein Unfall oder doch ein Freitod,
man fand, was die wilden Tiere von ihm übriggelassen hatten, im Frühjahr, nach
dem der Schnee geschmolzen war in der tiefen Felsschlucht wo sich im Winter kaum jemand hin verirrte. Er
hatte so viele Verletzungen von dem Sturz
davongetragen—auch das Genick war gebrochen—, dass man davon ausging er sei
sofort tot gewesen.
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