Er war, in den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts, als
Student in ein west europäisches Land gekommen, hatte Medizin studiert und die
Prüfung bestanden. Eigentlich hatte er seinem Heimatsstaat Jugoslawien
eidesstattlich versprochen nach der Ausbildung zurückzukommen um dem Volk mit
seinem Wissen und Können beim Aufbau des Sozialismus zur Seite zu stehen. Doch
wie die meisten Studenten, welche die Staaten zum Studium in den entwickelten Westen senden, hatte er
schon früh entschieden das einzige Leben dass er hatte, nämlich sein eigenes,
im reichen Westen zu leben und nicht Wort zu halten. Seine Berufswahl war die
Gynäkologie, insbesondere hatte es ihm die Geburtshilfe angetan; ja er liebte
es Kindern auf die Welt zu helfen und die Mütter von der Last der Kinder auf
elegante Art zu befreien. Schon in seiner Zeit als Assistentsarzt und noch viel
mehr als Oberarzt galt er als begnadeter Geburtshelfer; selbst bei schwierigen
quer und steiss-Lagen vermied er fast immer den Griff zum Skalpell.
Kaiserschnitt war bei ihm wirklich ultimo Ratio! Er blieb seiner Methode treu,
auch als er später eine eigene Praxis hatte verweigerte er unnötige „Komfort“
Kaiserschnitte, dies sei nicht gut für Mutter und Kind wenn es zu vermeiden
war, sagte er immer und auch zum Leidwesen vieler Konkurrenten die aus Habgier
und/oder aus Unsicherheit fast alle Geburten mit Kaiserschnitt machten. In
krassem Gegensatz dazu stand seine Passion. Ja er war begeisterter Jäger,
anfangs begnügte er sich mit heimischem Wild, Hasen, Rehe, Hirsche und auch
Wildschweine waren seine Beute .Federwild jagte er besonders gerne. Nach einiger Zeit zog es ihn zur Grosswildjagd und
sein Jagdrevier wurde nach Afrika, Asien sowie Nord und Süd Amerika ausgeweitet. Ab 1991 bis 1995 verreiste er
fast jeden Monat für einige Tage zur Jagt, niemand, nicht einmal seine Frau und
Kinder—ja er hatte schon seit Jahren
eine eigene Familie—wussten genau wohin er zur Jagd fuhr. Auch hatte er
inzwischen angefangen mit grossen Jagd-Pistolen zu jagen eine sehr schwierige
Jagd. Alle drei bis vier Wochen war er weg, zur Jagd. Eines Tages wurde er,
nachdem die Familie und seine Praxis seit einigen Wochen nichts mehr von ihm
gehört hatten mit einem Sanitätsflugzeug in seine neue Heimat gebracht. Ja er
hatte seit wenigen Jahren die Staatsbürgerschaft seiner neuen Heimat erhalten,
somit konnte er problemlos in seine alte Heimat Jugoslawien, reisen und aus
Jugoslawien kam auch der Sanitätsflug. Die Bestürzung war sehr gross, war er
doch, nicht nur bei seinen Patientinnen, sondern auch für seine zahlreichen
Freunde ein sehr beliebter Mensch. Er sang mit seiner angenehmen Bariton-Stimme
in zwei Chören und versuchte trotz der vielen Geburten nicht allzu oft bei den Proben zu fehlen. Er wurde in die
Universitätsklinik, wo er seine Facharztausbildung vor vielen Jahren gemacht hatte,
eingeliefert. Sein Zustand war sehr ernst, sein Leben aber nicht mehr in
Gefahr. Seine Geburtshelferhände waren von einer Granate zerfetzt und er hatte
ein Auge verloren. Die schweren Thorax
und Abdomen Verletzungen waren in Jugoslawien gut versorgt worden, auch seine
geborstene Blase war wieder funktionsfähig. Er benötigte vor allem Pflege, rein
medizinisch war zurzeit nicht viel zu tun, denn Prothesen konnten erst nach
vollkommen erfolgter Heilung angepasst werden. Wie
eine Bombe schlug die Nachricht in der Stadt ein, dass die Staatsanwaltschaft
ihn auf ein Amtshilfegesuch des Kriegstribunals in Den Haag hin, in der
Universitätsklinik verhörte und dann in ein Gefängnis mit Pflegeabteilung
brachte. Man beschuldigte ihn, seit Jahren alle paar Wochen nach Sarajevo und
in andere Kriegsgebiete gereist zu sein und dort als Snajper seiner
Jagdleidenschaft gefrönt zu haben. ÄHNLICHKEIT MIT LEBENDEN ODER GELEBT HABENDEN
PERSONEN IST LEIDER NICHT REIN ZUFÄLLIG.
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