Es war sicherlich die bizarrste Silvesternacht meines Lebens,
und das kam so. Wie beinahe jedes Jahr entflohen wir, meine Frau und ich, dem
Festtagsstress mit Familienbesuchen, nach Paris. Wir genossen diese wunderbare
Stadt meist vom 23.Dezember,unserem Hochzeitstag,bis am 2.Januar. Ausstellungen, Theater, Konzerte,
Kinos, und natürlich viele Bummeltouren durch die Quartiere der Stadt. Wir kannten schon sehr
viele Restaurants aber gerne machten wir neue Entdeckungen. Für den Silvesterabend
hatten wir Karten im Théâtre de la Huchette, wir wollten Eugene Ionesco’s „
kahle Sängerin“ sehen, ein Must damals das in diesem Theater schon seit 1951
ununterbrochen auf dem Spielplan steht. Am späten Nachmittag, nach einem
kuscheligen Mittagsschläfchen im schönen Hôtel Saint Simon machten wir uns auf
Umwegen auf den Weg, den Boulevard Saint Gérmain entlang bis zum Café de Flore
um dort den ersten Apéro zu nehmen. Der zweite Apéro war dann im Deux Magots.
Anschliessend schlenderten wir über den Carrefour de Buci durch die Rue Saint
André des Arts wo wir ein neues schönes um diese Zeit noch gähnend leeres
Restaurant entdeckten; es hiess GLIN GLIN wohl in Anlehnung an den erfundenen
Heiligen Sait-Glinglin der auch für nie und nimmer steht (man sagt oft, wir
machen das ,wir sehen uns am Saint Glinglin also nie) Wir besahen uns das
Silvestermenu sahen uns an und sagten uns, warum nicht hier versuchen einen
Tisch zu bekommen. Innen war alles in Pastellfarben gehalten Lindengrün Gelb
Lila und Rosa .Ein sehr netter Kellner sah uns ein wenig erstaunt an und fragte
nach unseren Wünschen. Haben sie noch einen Zweiertisch so gegen dreiundzwanzig
Uhr war unsere Frage, er sah in seinem Buch nach und oh Wunder ein kleiner Zweiertisch
mitten im Saal war noch zu haben, wir sagten zu und gaben eine Visitenkarte ab.
Das Theater war ein Erlebnis, es war auch sehr beeindruckend dass dieses Stück nun,
etwa 1974, schon seit über zwanzig Jahren hier gespielt wurde. Hungrig eilten
wir zum Restaurant, es war recht kalt und wir waren froh, dass es nicht weit
weg war. Alle Tische waren schon besetzt nur in der Mitte wartete unser Tisch
auf uns, die letzten Gäste. Vom Kellner, den wir schon kennengelernt hatten
wurden wir sehr freundlich an unseren Tisch geführt und sofort mit einem Glas
Champagner versehen. Wir blickten uns ,da wir in der Mitte sassen, notgedrungen
um und da sahen wir sofort dass meine Frau die e i n z i g e Frau im ganzen Restaurant war; ja wir waren
in aller Unschuld in ein Schwulenlokal geraten, der Kellner war zwar als wir
reserviert hatten ein klein wenig erstaunt gewesen, hatte uns aber weder
informiert noch gewarnt. Alle Tische waren mit Herren jeden Alters besetzt,
alle sehr gut und dezent bekleidet, nur bei genauerem Hinsehen fiel manchmal
ein kleines „süsses“ Detail auf. Von allen Tischen wurde uns—eher doch meiner
Frau—zugeprostet, ja die meisten beendetet gerade ihren Empfangschampagner
sodass der Service der ersten Vorspeise beginnen konnte. Selten wohl, war eine
Frau so umsorgt und umhegt wie die Meine an diesem Neujahrsabend. Das Essen war
phänomenal, die Weine die im Menu inbegriffen waren, sehr erlesen und die
Stimmung dezent ausgelassen. Nach Mitternacht als meine Frau von allen Herren
umarmt und geküsst worden war ,kamen mehrere Transvestiten—von Drag Queens
sprach man damals noch kaum—und gaben einige
leicht anzügliche Chansons zum Besten. Ach ja den ganzen Abend über war
ein einziges Hin und Her in die obere Etage die jedoch den Stammgästen
reserviert war und der Hund eine deutsche Dogge namens „SCHULZ“ ging von Tisch
zu Tisch doch er verhielt sich genauso diskret wie die Kellner. So haben wir
durch Zufall und Neugier einen, wenn nicht den schönsten Silvesterabend
verlebt. Nachbemerkung: auch noch 2014 spielt
das Théatre de la Huchette jeden Abend das Stück von Eugene Ionesco !
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