Es wäre viel zu gefährlich gewesen sie am Leben zu lassen,
trotz ihrer Beteuerungen hätte sie es weitergesagt, das wusste er aus
Erfahrung, sie verriet ihrer beste
Freundin alles, unter dem Siegel der Verschwiegenheit, und die ,ja die, war wirklich
eine hemmungslose Schwatztante. Er war davon überzeugt, dass sein, so
schmerzhaftes, Geheimnis in wenigen Tagen im ganzen Freundeskreis bekannt
geworden wäre und dann hätte nicht sie sondern er sterben müssen. Ihm wäre gar
nichts anderes übriggeblieben als den Freitod zu wählen und dazu, so
befürchtete er, war er sicher zu feige. Wie war es dazu gekommen, dass sie,
seine Frau Marlene, welche die Pferde und das Reiten verabscheute, zu so später
Stunde, in den Stall gekommen war. Soviel er wusste war sie, seit er ihr
Schloss und Hof kurz vor ihrer Vermählung gezeigt hatte, nie mehr zu den
Stallungen gekommen. Ihre Gebiete waren Musikabende Dichterlesungen und Theatervorstellungen die sie gerne im
Schloss für ihre vielen Freunde
organisierte. Alles was im Entferntesten mit Kultur zu tun hatte war ihr
heilig, alles Sportliche und urige verabscheute sie. Er Rolf hatte auch an
ihren Abendgesellschaften grosse Freude, aber das Reiten und die Ställe war
sein Tummelfeld. Das darf ja nicht wahr sein, ich träume wohl schrie Marlene ,als sie
in dem Abteil wo die Sattel und das Zaumzeug aufbewahrt war ,ihren Gatten Rolf
nackt , gesattelt und gefesselt sehen musste, wie er von den beiden
Stallburschen ausgepeitscht geritten und mit Exkrementen beworfen wurde. Sie floh laut
schreiend, die Anhöhe hinauf, in ihre Gemächer wo sie sich weinend auf ihr Bett
warf. Kaum zurechtgemacht eilte ihr Rolf nach, er musste unbedingt bei ihr sein
um zu verhindern dass sie mit ihrer Freundin oder mit irgendwem reden konnte.
Er wusste, es brauchte eine blitzschnelle Entscheidung. Er riss beim
Treppensteigen ein Rapier von der Wand und stürmte ins Schlafgemach von
Marlene. Als sie ihn wutentbrannt sah schwor sie ihm dass sie keiner
Menschenseele je etwas sagen würde und ihm verzieh. Du willst mir verzeihen
dass du mir nachspioniert hast schrie er und stürzte sich mit der Stahlspitze
auf sie .Als brillanter Fechter traf er sie genau ins Herz, Sie sank tot aufs
Kissen zurück. Zum Glück war das Personal nicht im Schloss untergebracht,
Marlene hatte gewünscht dass die gesamte Dienerschaft im Gesindehaus am anderen
Ende des Schlossparks wohnte. Rolf hob die zierliche Gestalt auf seine Arme und
trug sie, den kleinen Hügel hinab, zu den Stallungen. Die Stallburschen hatte er, sofort nach der
Entdeckung durch Marlene, nach Hause geschickt, ins Gesindehaus. Es dauerte bis
gegen vier Uhr, unter der mit Holzspänen bedeckten Manege, eine Grube
auszuheben, den leblosen Körper in die tiefe Grube zu legen und dann alles
wieder zu bedecken und um die Spuren zu verwischen, und grosszügig neue Holzspäne
zu streuen. Dann ritt er noch mehrere Male darüber bis alles normal aussah. Nun musste Rolf im
Schlafzimmer die Spuren beseitigen, das war viel einfacher, denn die Wunde mit
einem Rapier ist ja nur ein kleines Loch sodass das Blut im Körper bleibt; es
waren nur wenige Blutspuren auf ihren Kleidern zu sehen gewesen. Das schwerste
war aber, so früh morgens Freundinnen und Freunde anzurufen um zu fragen ob sie
wüssten wo Marlene sei. Sie war am Abend
ausgegangen, wohin und mit wem wusste er nicht, und dann hatte sie ihn im Stall
überrascht. War sie mit irgendjemandem im Theater, Konzert oder gar Kino
gewesen. Hatte sie jemand nach Hause begleitet? Ja sie hatte mit ihrer besten
Freundin in dem angesagtesten Restaurant der Gegend gespeist war aber schon
recht früh weggefahren, nein sie hatte nicht gesagt wohin, ist sie denn nicht
ins Schloss gekommen? Polizei kam, eine erst lokale dann regionale dann internationale
Suchaktion gab keinerlei Resultate. Der arme kleine Schosshund irrte im ganzen
Schlosspark umher, verweigerte das Fressen und wäre sicher gestorben hätte
nicht die beste Freundin sich seiner angenommen.
Die Zeit verging, Rolf fand für die zwei
Stallburschen weit entfernt eine neue, viel lukrativere, Anstellung. Eine
Bauersfamilie wurde gefunden die sich um den Gutsbetrieb und die Stallungen
kümmerte. Dann kam nach zwölf Jahren dieser strenge Winter mit
aussergewöhnlichen Schneemassen, gefolgt von einem frühen warmen regnerischen
Frühling. Es kam im ganzen Gebiet zu grossen Überschwemmungen. Auch das kleine
Flüsschen am Fusse des Schlosshügels wurde zum reissenden Strom; alles wurde
weggeschwemmt. Als der Hund der braven Bauersleute, mit einem alten grossen
Knochen ankam wurde der Bauer stutzig, suchte und fand viele Knochen, ein ganzes
Skelett und auch einen menschlichen Schädel. Da gab’s nichts mehr zu
verstecken. Der alte Polizist der immer schon Zweifel gehabt hatte und der die
Geschichte der weggelaufenen Frau Baronin nie so richtig geglaubt hatte nahm
die Ermittlungen wieder auf. Mord verjährt nie, aber konnte man Mord auch
nachweisen? Nach so langer Zeit und ohne Zeugen? Was für Rolf den geehrten
Herrn Baron das einzig wichtige war, keiner würde je sein Geheimnis kennen.
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