Donnerstag, 11. Dezember 2014

Kunstbusiness

Er hatte ein Chemiestudium begonnen, musste es aber leider abbrechen als sein Vater starb. Eines Morgens fand er seinen Vater, als er sein Fahrrad aus der Garage holen wollte, im Auto sitzen, mit laufendem Motor, alle Hilfe war vergeblich der Notarzt konnte nur den, wohl vor Stunden schon eigetretenen Tod feststellen. Die polizeiliche Untersuchung und Befragung zog sich stundenlang hin, zur Prüfung zu gehen war nicht möglich. Es war die erste Zwischenprüfung eines schon zwei Jahre dauernden Chemiestudiums, er hatte sich sehr gut darauf vorbereitet da es für seine Eltern eine grosses Opfer war ihm ein Studium möglich zu machen, waren doch noch fünf weitere Kinder zu versorgen, alle jünger als er. Sein Name war Geza, wie sein Grossvater der 1956 aus Ungarn mit Frau und Sohn – seinem Vater— geflohen war. Sein Vater war  Kunstmaler gewesen. Er war äusserst talentiert aber fand nie zu einem eigenen Stil; sein Problem bestand darin, dass er immer wenn er ein passendes Sujet fand, an alle grossen Maler die gerade dieses Sujet gemalt hatten ,denken musste ,sodass er in deren Stil malte, immer täuschend ähnlich dem vorgestellten Bild. Was sehr erstaunlich war, er malte im Stil jeder Zeitepoche und jeden Künstler konnte er nachempfinden. Verkaufen konnte er nur sehr selten, an Privatpersonen, da keine Galerie Interesse an solch unpersönlicher Kunst zeigte. Und so kam es notgedrungener massen dazu, dass er in seinem Atelier viele Bilder hatte, die sicher keine Kopien waren aber vom inspirierenden Künstler gemalt schienen. Dies fiel auch einem Kunstmakler auf, dieser Makler hatte ganz bewusst keine eigene Galerie, nein er vermittelte, oft im Geheimen, Bilder an Museen und grosse Galerien in der ganzen Welt. Er erkannte in dem guten Maler—eher ein genialer Handwerker—eine schon lange gesuchte Möglichkeit an das grosse Geld zu kommen. Er kaufte ihm diese Bilder die zum Verwechseln den geistigen Vorbildern ähnelten, duzendweise, für gutes aber doch knapp bemessenes Geld ab. Dieser Händler war selbst ein erfolgloser Maler gewesen, beherrschte zwar das Handwerk sehr gut aber es fehlte ihm die, wie soll man sagen, Phantasie, Begabung, Originalität, Inspiration und vor allem die Geduld und Ausdauer. Aber seinen Künstlerblick hatte er nie verloren. Nun begann er vorsichtig die von ihm nachbearbeiteten und signierten Bilder zuerst kleinen unbedeutenden Galerien und Museen anzubieten und oft auch zu verkaufen. Er war selbst sehr erstaunt wie einfach die Händler und auch viele Museumsdirektoren und Konservatoren zu täuschen waren; ja er glaubte das sie es gar nicht hinterfragen wollten denn von sorgfältigen Recherchen oder Nachforschungen hat er nie etwas gemerkt. Mutig geworden dachte er an grössere “Fische“; also besorgte er sich das notwendige Material, alte Bilder fand er billig auf den Flohmärkten, Dokumente von Galerien und Transportfirmen und all den nötigen Kram besorgte er sich oder stelle sie selbst her. Er amüsierte sich darüber wie einfach es war, und wie wenig genau die Kunden hinschauten. Ja die Gier nach Geld und oder Ruhm machte wohl blind. Umso besser fürs Geschäft. Sein grösstes Problem blieb den Lieferanten seiner Ware, den Kunstmaler zu überreden besser noch zu überzeugen dass er nun nicht mehr zurückkrebsen konnte, zu viel von seiner Kunst sei schon im Umlauf und er der Händler habe Beweise dass er nichts von den Fälschungen wusste. Notgedrungen machte der, inzwischen sechsfache stolze Vater weiter und akzeptierte sogar aktiv mitzuhelfen indem er auf alte Leinwände sogar auf antike Holztafeln malte. Besonders gut eigneten sich Holzpaneele aus Abbruch Häusern die man auf Schutthalden finden konnte. So tauchten ab und zu kleine auf Holz gemalte Werke von Crivelli  Gaddi und anderen Malern aus dem 14. und 15. Jahrhundert auf. Die ganz berühmten Namen wie Botticelli, Michelangelo, Raffael und andere, deren Werke eine Sensation bedeutet hätten liessen sie aus, es wäre zu gefährlich gewesen.      Viel einfacher war es mit der Moderne und dem 19.Jahhundert. Durch den problemlosen Erfolg war der Händler unvorsichtiger geworden und musste mehrmals ein Geschäft annullieren, aber die Gier ist keine gute Beraterin. Durch eine Lappalie wurde alles aufgedeckt, eigentlich keine Lappalie sondern ein grober leichtsinniger Fehler. Der Händler hatte in Paris auf einer Auktion eine Landschaft aus dem 18.Jahhundert gekauft, das Format war ideal zum Weiterverkauf geeignet, das Bild im Stil von Hubert Robert konnte teilweise übermalt werden und mit neuem Firnis und Unterschrift für einen stolzen Preis an ein Museum in Sao Paulo verkauft werden. Er hatte den Museumsdirektor, dem er schon einige Werke verkauft hatte schon neugierig gemacht. Das Geschäft ging problemlos über die Bühne. Mehrere Jahre später wollte es ein unglaublicher Zufall, dass der Sohn des ehemaligen Besitzers dieses Bildes es in Sao Paulo im Museum sah. Das Bild hatte im Esszimmer des  Schlosses wo er seine Kindheit verbracht hatte gehangen , einige nur ihm erkennbare Details erkannte er wieder, unverwechselbar , denn wenn man sich viele Jahre lang an einem französischen Familientisch bei lange dauernden Essen langweilen musste hatte man ja viel Zeit um die Umgebung phantasievoll aber auch genau zu beobachten. Er sagte zunächst nichts, kam aber bei der nächsten Reise nach Brasilien mit seiner Schwester ins Museum er hatte ihr nichts von dem Bild gesagt denn er wollte sehen ob sie auch ein  „Déjà-Vu“ haben würde. Das ist doch unser Bild, sagte die Schwester . Ja es war das Bild dass auch sie genau kannte, es war im elterlichen Schloss geblieben als sie dieses Schloss  einer wohltätigen internationalen Stiftung vermacht hatten, im Gedenken ihrer Eltern. Dass diese Stiftung in deren Verwaltungsrat beide Geschwister sassen Möbel und Kunstgegenstände verkauft hatte war so vorgesehen gewesen, aber wie das Bild  auf mysteriöse Art verändert und plötzlich signiert hierhergekommen war, dass wollten sie nun genau wissen. Sie sagten vorerst nichts schalteten aber über einen bekannten Politiker die Spezial Abteilung von Interpol ein. Die Spur führte zu dem Händler der natürlich versuchte den “Fälscher“ als allein schuldigen hinzustellen. Nun kurz vor der Verhandlung hatte  der Künstler keinen anderen Ausweg gesehen als sich umzubringen. Der Sohn Geza, brach sein Studium ab denn er fühlte sich verantwortlich seine Mutter und die Geschwister zu beschützen. Er wusste dass er das Talent zum Malen geerbt, es aber dem Vater immer versteck hatte. Im Prozess der natürlich nur dem Händler gemacht wurde, der zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden war, waren die Mitschuldigen Galeristen, Direktoren und Konservatoren die ja schon immer geahnt hatten, dass etwas nicht stimmen konnte, ungeschoren davongekommen. Dass die Welt ungerecht ist hatte Geza schon durch die komplizierte Familiengeschichte sehr früh vom geliebten Grossvater gelernt.                                                                                                                  Er sann auf Rache, ja das wäre toll alle zu bestrafen, aber wie? Er zog  nach Ungarn in die Heimat seiner Ahnen zurück. Als einziges Umzugsgut nahm er das Atelier seines Vaters, vor allem wegen der umfassenden Bibliothek über Kunst und Kunsttechnik, mit. Was er im Chemiestudium gelernt hatte kam ihm jetzt doch noch zu Gute .Er richtete sich auch ein kleines Chemielabor ein und fing an zu tüfteln. Er besuchte in Paris mehrmals einen Professor zu dem er immer schon einen freundschaftlichen Kontakt gepflegt hatte, und holte sich diskret Informationen. Er fing nun selbst an zu Malen und merkte mit Freude, dass er problemlos, wie der Vater, dem er als Kind ja tagelang zugesehen hatte, alles schaffen konnte was er nur wollte.  Nur etwas machte er grundlegend anders als sein Vater, er mischte unter die verwendeten Farben eine Substanz, ein Agens, das er selbst entwickelt hatte. Er begann Kataloge von Kunstauktionen zu studieren und marktgerecht machte er entsprechende Bilder die er inkognito, er hatte den Namen seiner Mutter angenommen, in Auktionen gab. Schon nach kurzer Zeit hatte er nicht nur das Geld um die Mutter und seine Geschwister zu unterstützen, sondern ein gutes Startkapital. Er baute sich ein Verkaufsnetz auf, belieferte Händler und Museen so ähnlich wie der nun im Gefängnis weilende Händler es gemacht hatte. Die Abnehmer waren ebenso unvorsichtig wie eh und je. Er merkte sich über die Jahre hinweg alle Standorte seiner „Werke“.  Nach 26 Jahren war er ein sehr vermögender Mann. Er war nie in Zusammenhang mit seinem Vater gebracht worden, nun entschloss er sich zu handeln. Er hatte schon vor langer Zeit ein Reagens, als Gegenstück zu dem Agens dass er in seine Farben eingemischt hatte, entwickelt, mit diesem Reagens wurde die programmierte Zerstörung durch das Agens massiv beschleunigt.  All seine Gemälde würden sich selbst, nach etwa 50 Jahren, zerstören. So lange wollte er aber nicht warten. Er reiste nun von Museum zu Museum und schüttete sehr diskret eine kleine Menge einer farb und  geruchlosen Flüssigkeit in die Nähe seiner ausgestellten Werke. Beim Verdunsten setzten sich die Dämpfe überall ab, auch auf seine Gemälde.                                                                         Nun würde die Selbstzerstörung nach wenigen Monaten einsetzen und das ging so. Die Farbe würde beginnen zu zerbröckeln und sich dann plötzlich verflüssigen; dieser Prozess war nicht zu stoppen.          Nach seiner Weltreise informierte er die internationale Presse anonym aber sehr genau  über alle Details, wie Standorte und Sujets der Falschen Gemälde, Verkaufskataloge mit Abbildungen, Namenlisten der Galerien und auch, sofern bekannt, der Käufer, einfach alles wissenswerte, auch dass die Bilder, auch ohne das Reagens, sich nach etwa 50 Jahren zersetzen würden; liess aber seine eigene Identität im Dunkeln.                                                                                                                        Der Skandal war riesig als die ersten Bilder in berühmten Museen anfingen zu bröckeln und dann plötzlich wegzutropfen. Sehr viele Sammler die zuhause oder in irgendeinem Bankfach Bilder besassen, die sie in den letzten zwanzig Jahren erworben hatten versuchten sie zu veräussern, aber komischerweise war der Markt wie ausgetrocknet.Mit grosser Freude stand er am Grab seines Vaters und, obwohl er nicht ans Jenseits glaubte, konnte er es nicht unterlassen seinem Vater die Rache in allen Einzelheiten zu schildern.

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