Was man so
erleben und einstecken muss in fünfzig Jahren Pharmaaussendienst! Es ist kaum
zu glauben wie sich manche, oder einige, oder zu viele Ärzte, den
Pharmareferenten gegenüber, benehmen. Mürrisch empfangen zu werden ist zwar noch
verständlich aber beschimpfen lässt sich
sicher keiner gerne, insbesondere wenn es von einem Kunden kommt der ja glaubt immer
im Recht zu sein und dem man nicht oder kaum widersprechen
darf! Komischerweise kommen Vorwürfe wie—die Pharmafirmen wollen nur so viel
Geld wie möglich machen—sind nur auf Profit aus—verkaufen wissentlich
wirkungsloses Zeug—usw. von den Ärzten die die grössten Abzocker sind. Weil sie
viel zu viel Labor und Röntgen machen, zu lange Konsultationen aufschreiben,
nicht erbrachte, für den Laien unerkennbare, Leistungen verrechnen, das
teuerste Material verrechnen aber billigstes verwenden und bei Haus-Besuchen
das Kilometergeld optimieren. Es sind auch dieselben die sagen: was bringen sie
mir als Geschenk, die Zeit die ich mit einem Vertreter verbringe muss sich
finanziell lohnen, in der Zeit könnte ich einen Patienten mehr behandeln, ich werde
der Firma eine Rechnung stellen, oder auch, sie müssen mir eine Kongressreis bezahlen. Als Beispiel dient ein Urologe in der Westschweiz, er kam in den Sechzigerjahren
aus einem kommunistischen Staat im
Balkan, hat aber den Kapitalismus extrem schnell verstanden, sagte er doch
allen Pharmareferenten: „ich verschreibe nur noch Medikamente der Firmen die
mir einen Anteil an meine Kongressreise zum Europäischen Urologie Kongress (den
er aber nie besuchte) bezahlen“. Was er wollte war einen jährlich
wiederkehrenden Barscheck!! ich organisiere meine Kongressreise selbst, ihr
habt keine Arbeit damit deshalb könntet ihr gerne mehr bezahlen. Ein anderes typisches Beispiel: an einem
Kongress (welcher wird nicht gesagt) sagt ein guter Kunde und Chefarzt zum
Pharma-Mensch (Frauen sind Pharma-Schlampen):heute ist nichts Interessantes am
Kongress zu hören, zeigen sie mir Paris, und finden sie Konzertkarten für heute
Abend! Als der Pharma-Mensch auf dem Montmartre in einem Souvenir-Shop ein Paar
Ansichtskarten kaufte, kam der Chefarzt mit einem grossen Stapel Ansichtskarten
„können sie das für mich erledigen, mit Briefmarken denn ich muss vielen
schreiben“. Als daraufhin der Pharma-Mensch sagte er könne es wohl bezahlen,
der Firma aber nicht verrechnen, kam die lakonische Antwort „ sie finden sicher
einen Weg“. Klar bezahlte der Pharma-Mensch die Karten und Briefmarken… wie
heisst es im bekannten Wienerwalzer
–immer nur lächeln und immer vergnügt — Vor
vielen Jahren, ich war noch sehr jung, kam ein Arzt aus Basel in den
Waadtländer Jura .Er hatte längere Zeit
bei eine Basler Pharma-Firma gearbeitet. Er übernahm eine verwaiste Praxis in einer Kleinst-Stadt. Sein Französisch war
nicht allzu gut darum freute er sich immer sehr wenn ich kam, denn dann konnte
er Deutsch, nein sogar Schweizerdeutsch, reden. Ein Vertrauensverhältnis war
schnell da, sodass er mir schon bald seine Lebensphilosophie darlegte. Er sei mit seiner Frau, die aus
diskretionsgründen, allein in der Praxis mitarbeitete, hierhergekommen um
schnell viel Geld zu verdienen. Sobald er genug verdient habe um sich ein Haus
am Meer, in Südfrankreich, und eins in einem Walliser Skigebiet zu kaufen, gehe
er zurück in seine alte Firma, denn bis dann würde sein Ex- Vorgesetzter
endlich in den Ruhestand gegangen sein und ihm sei, von dem obersten Chef, diese
Kader- Stelle versprochen. In seiner
dummen Überheblichkeit hat er mir aufs Genauste seine Betrügereien erklärt. Für
Injektionen, die einzigen Medikamente die er den Patienten oder deren
Krankenkassen verrechnen konnte, alles andere musste er verschreiben, kaufe er
das billigste Nachahmer Präparat ein, aber verrechnet würde das teuerste von
den Kassen bezahlte Produkt. Er erklärte mir dies am Beispiel von Kortison
folgendermassen: „ich spritze das Generikum das ich achtzig Rappen bezahle und
verrechne das was du verkaufst, das bessere, für vierzehn Franken, das lohnt
sich wirklich. Röntgenbilder sind auch sehr gut bezahlt und die Kassen
kontrollieren nie ob man die Bilder wirklich schiesst Ha Ha Ha. Aber auch Labor bringt sehr viel ein,ob man
es macht oder nur verrechnet. Nach drei Jahren hat er die Praxis mit viel
Gewinn an einen Bulgarischen Kollegen verkauft, inklusiv Geschäftsmethode.
Dieser Arzt war weniger clever, er wurde bald beim Betrügen erwischt. Er aber
hatte seine Häuser und ging zurück an den schönen Rhein, nach Basel, wo sein
Chefsessel noch nicht von dem, in Rente gegangenen Vorgänger, erkaltet war . Nun eine eher brutale, leider, wahre
Geschichte. Ein älterer Arzt aus Süddeutschland hatte im Jura eine Praxis
übernommen es war die einzige Praxis im Ort und er betreute auch ein recht
grosses Altersheim. Die Firma für die ich damals unterwegs war verkaufte unter
vielem anderen auch das Krebsmittel Endoxan .Es muss auch noch gesagt werden
dass dieser Arzt auch Medikaments selbst abgeben konnte da im Ort keine Apotheke war .Nun fiel mir auf ,das seit einiger Zeit grosse
Mengen Endoxan Tabletten bestellt wurden ;monatlich fünfzig Packungen. Und da
machte ich einen unverzeihlichen, grossen, Fehler. Ich besuchte den alten Arzt,
bedankte mich für die Bestellungen und fragte wie er die vielen Packungen
einsetze. Seine Antwort war überraschend „es verhindert doch Krebs nicht wahr“ mein
Fehler war, ihn über Risiken und Nebenwirkungen sowie Vorsichtsmassnahmen wie
regelmässige Blutkontrollen zu informieren.
„Das ist viel zu kompliziert“ sagte er. Und das war das Ende der grossen
Bestellungen, die Katastrophe für meinen Umsatz, aber, so hoffte ich damals,
eine Lebens Verlängerung für mehrere alte Heiminsassen. In
Lausanne gab es einen Arzt einen sogenannten „Docteur Seringue“ Spritzendoktor,
wo immer möglich therapierte er mit Injektionen. Die Firma für die ich damals
arbeitete hatte mehrheitlich Medikamente die man injizieren musste; zwei bis
dreimal pro Woche über Monate. Das hatte grosse Vorteile für die Kasse—nein
nicht die Krankenkasse—die des Arztes. Anstatt diese Injektionen von der
Praxishilfe machen zu lassen machte er jede Injektion selbst und verrechnete
natürlich eine Konsultation; seine Begründung „ich muss doch den
Krankheitsverlauf kontrollieren! Dazu machte er bei den Patienten die ein
Arthrose Mittel bekamen regelmässige Röntgenbilder zur Verlaufskontrolle. Einen
Teil der Ampullen lagerte er an einem kalten Ort somit schmerzten die
Injektionen; dies sei bei vielen Patienten gut dann wirken die Kuren auch
besser! Ein
anderer Arzt hatte Probleme mit den Kassen, denn er verrechnete vierundzwanzig
Konsultationen nach einer Zehennagel Behandlung. Der Patient kam drei Mal
wöchentlich für Kamillen-Fussbäder in die Praxis, der Arzt kontrollierte jedes
Mal und verrechnete natürlich eine Konsultation. Seine Antwort an die Kasse „
es ist ja ein Bauer, da ist die Hygiene für das Fussbad und Verband nicht
gewährleistet,!! Dann gibt es die
Kunden vor allem in Spitälern die grosse Mengen Produkte verwenden, das sind
gewisse!!! Chef und Leitende Ärzte zum Teil auch Oberärzte die stereotyp dasselbe
fragen: was habe ich oder was hat die Abteilung davon dass wir bei ihrer Firma
kaufen? Welches sind die Nebenleistungen neben den Rabatten die sie dem
Spitalapotheker geben. Und wenn diese Abteilungen schon Kunde sind und teils
seit längerer Zeit kaufen, kommen sogenannte Sponsoring - Anfragen manchmal
nett ,oft aber eher fordernd mit subliminaler Betonung : es gibt ja auch andere Firmen ,sind sie
glücklich mit uns als Kunde, was tun sie anderswo um die Kunden zu binden?
Häufig auch: ihre Mitbewerber sind auch sehr nett, äusserst aktiv, inventiv, tun viel mehr als ihr für die
Abteilung und sind grosszügig mit tollen
Angeboten etc. Sie verkaufen doch viel in der Uni-Klinik, womit haben sie das
„Erkauft“? Es gibt aber auch Rachemomente wo einen
geplagten Pharmareferenten das Herz schon höher schlagen kann! Und hier die Geschichte dazu. Es war in einer Stadt in der französischen Schweiz,
wo spielt keine Rolle. Ein Arzt, der allen Pharma-Mitarbeitern schon in seiner
Zeit als Assistentsarzt in den Spitälern der Westschweiz seine politische
Einstellung—er war Kommunist—dargelegt hatte und auf die böse kapitalistische
Industrie schimpfte, die ja eigentlich verstaatlicht werden sollte, war
plötzlich Chefarzt einer geriatrischen Gemeinde-Klinik geworden. Der
sozialistische Politiker der dem Gesundheits-Departement vorstand hatte ihn,
ohne eine öffentliche Ausschreibung, ernannt. Solcher Nepotismus ist ja in
allen politischen Parteien gang und gäbe.
Er sagte allen Pharmareferenten bei ihrem ersten Kontakt, dass er keine
Besuche wünsche, er habe wissenschaftlichere Informationsquellen, er nehme nie
solch tendenziöses Werbematerial entgegen. Nun wurde ihm, von seinen Kollegen, den Geriatern, der ehrenhafte Auftrag erteilt, den Geriatrie Kongress in seiner Klinik zu organisieren; es wurden
dazu alle „Grundversorger“ eingeladen. Da es üblich ist dass die Pharmafirmen
an solchen Kongressen Stände aufstellen, für die natürlich viel Geld zu
bezahlen ist, um dem Kongress zu
finanzieren, machte er ein bettel- Rundschreiben an alle Firmen. Weil
die Firmen immer den Aussendienst der entsprechenden Region befragen und alle
sich einig waren, wurde der Kongress ohne die Industriegelder zum grossen Flopp.
Ärzte werden sicher nicht aus der
eigenen Tasche für Essen und sonstige Spesen aufkommen wollen, ganz im
Gegenteil durch die Präsenz der Pharma- Vertreter kann man sich ja schon mal zu
einem guten Essen einladen lassen; aber eben dies eine Mal war kein Pharma-Mensch
zu sehen und der eigene Geldbeutel der sonst immer hermetisch verschlossen
bleibt musste geöffnet werden. Der Organisator aber erntete nur Spott aber kein
Lob.
Ach ja da erinnere ich mich auch an einige
nette, freundliche, hilfsbereite Ärzte, die vor lauter Freundlichkeit sehr
lustige Situationen hervorriefen. Ich bespreche ein neues Medikament, erst seit
einigen Tagen im Handel, und der Arzt sagt mir: “oh ja damit hatte ich mehrmals
sehr gute Erfolge“ das war doch wirklich nett wie er mir Freude machen wollte.
Ein anderer sagte sogar: ich verschreibe
viel Robapharm( so hiess die Firma in der ich damals arbeitete) sicher täglich,
ich habe ihn nicht gefragt welches Produkt, sein Schweigen wäre doch allzu
peinlich gewesen. Da man seit den
siebziger Jahren durch die Marktforschungsinstitute genau sieht was in einem
Gebiet verschrieben wird, ist es auch sehr lustig wenn ein Arzt behauptet etwas
täglich mehrmals zu verschreiben ,wenn es in diesem Gebiet nie verkauft wir.
Soviel zur Glaubwürdigkeit der Aussagen. An
grossen internationalen Kongressen, wo die Ärzte Punkte sammeln müssen ,oft mit
aufliegenden Coupons, um ihre obligate Weiterbildung zu belegen, haben mich
schon einige Kunden gebeten, weil sie früher abreisen mussten, Coupons für sie
zu sammeln! Glücklicherweise hatte ich—zur ihrer grossen Enttäuschung—mit
meinem Aussteller-Badge keinen Zugang zu den Vortragssälen, konnte somit diesen
Sklavendienst nicht ausführen. Es
gäbe noch sehr viel zu erzählen, oft werden Spionageaufträge gegeben,: wie
viele Untersuchungen macht die Konkurrenz? wie verrechnen die anderen diese
Untersuchung, stimmt es dass………… ich vertraue dir und nur dir etwas an, wird
allen gesagt, und alle haben das Vertrauen missbraucht wenn das Geheimnis publik wird ….oder warum haben sie schlecht
über mich gesprochen…... oder auch: könntest du dies Gerücht streuen…. Ja der
Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Aber trotz allem ,es war ein schöner
Beruf da ein Grossteil der Kunden höflich, angenehm ja gar liebenswürdig war
,aber die negativen Beispiele prägen sich viel mehr im Gedächtnis ein.
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