Er war noch
recht jung aber in keiner Weise unerfahren. Er sass im Erstklassabteil des
Schnellzuges von Zürich nach Neuchâtel es war Freitagabend. Er dachte noch an
die Problemchen über die man sich an der Quartalstagung ereifert hatte; --Profilneurotiker—war damals noch kein gebräuchlicher Modeterminus aber so hätte
er mehrere seiner Kollegen bezeichnen müssen ;er war zwölf Jahre jünger als der
bisher Jüngste im Aussendienst. Alle Interventionen fingen mit „Ich“ „meine Meinung“ „ durch meine Erfahrung“ und
„sie wissen noch nicht, sind zu jung um es zu verstehen“ usw. Ja er dachte an
all dies und fragte sich ob er wohl in einigen Jahren auch so blöd sein werde. Er, der Schreiber, ist es nur zum Teil geworden! hat aber sicher andere Macken. Aber kommen wir zum Hauptthema, er sass also
in der Bahn, sinnierte und rauchte seine geliebte Camel ohne Filter. Genau ihm
gegenüber hatte sich eine blonde recht attraktive nicht mehr ganz junge Frau gesetzt; sonst war niemand in das Abteil zugestiegen.
Kein Wort, nur verstohlene Blicke waren ausgetauscht worden. Auch die Blondine
steckte sich nach einiger Zeit eine Zigarette in den Mund das war die Gelegenheit
Kontakt zu nehmen, er gab ihr Feuer sie bedankte sich überschwänglich und
rauchte schweigend. Ihre nächste Zigarette wurde wortlos von ihm angezündet,
sie nahm einige Züge, dann sank ihre Hand auf die Knie, sie war eingeschlafen.
Um eine Verbrennung zu vermeiden nahm er ihr sanft die brennende Zigarette aus
der Hand, ein verschlafenes, lächelnd gemurmeltes, merci war die Reaktion. Nach
einem kurzen, sicher vorgetäuschten, Schlaf erwachte sie und fing sehr deutlich zu flirten an, richtig
zu flirten. Schell kam es zum ersten, aber nicht letzten, Kuss. Sie fuhr nach
einem Bummeltag in Zürich Heim nach Biel, wo sie Mann und zwei Kinder hatte.
Sie stieg nicht aus in Biel, einfach so. Im Gespräch hatte sie erfahren dass er
alleine lebte und in Neuchâtel eine Wohnung hatte und so habe sie beschlossen
mit ihm zu kommen. Er hatte nichts dagegen wohnte er doch zurzeit wirklich
ALLEIN. In der Wohnung angekommen rief sie ihren Mann an, sagte sie habe den
Zug verpasst und bleibe bei einer Freundin in Zürich. Sie blieb bis Montag früh, vergass es zuhause anzurufen und erwartete dass er sie im Auto nach Biel
mitnahm, was er gerne tat obwohl er von dem Wochenende sehr erschöpft war, sie
war nämlich in JEDER Beziehung extrem ermüdend. Die Telefonnummer die er von
ihr bekommen hatte war sichtlich falsch,
„kein Anschluss unter dieser Nummer“ und Repetitionstasten waren damals
noch nicht erfunden. Wie es Hans Albers so schön sang: „Der Schmerz wird vergehen, die Erinnerung
bleibt“
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