Sie waren ein
eigenartiges Gespann, gut achtzehn Jahre trennten sie voneinander, man sah es,
doch der Altersunterschied schien wesentlich geringer zu sein. Ja er, nennen
wir in Jean-Pierre, war noch keine fünfzehn sah aber eher wie zwanzig aus, sie
Ingeborg war knapp dreiunddreissig sah aber wesentlich jünger aus, na ja, so
etwa Mitte zwanzig. Jean-Pierre trug, wie
damals üblich, meist Anzug und Schlips, er war der Verführer, er hatte
fast ein Jahr gebraucht um sie dazu zubringen ihren Widerstand aufzugeben. Fast
acht Jahre, das ist in dieser Altersgruppe eine sehr lange Zeit, dauerte dieses
Verhältnis. Es war für alle beide sehr bereichernd, aber je länger diese
aussergewöhnliche Liebe, ja es war Liebe, dauerte, desto sichtbarer war auch
der Altersunterschied. War es zu Beginn problemlos zusammen in Museen, Theater,
Kinos und Restaurants zu gehen—Hotel war zu dieser Zeit ohne Trauschein
undenkbar—wurden mit der Zeit missbilligende Blicke immer häufiger, sodass ihre Begegnungen auf die Wohnung von Ingeborg
beschränken war. Das Studium von Jean-Pierre das
er schon mit knapp neunzehn Jahren begann nahm ihn sehr in Anspruch, er hatte
kaum noch Zeit für Liebe und Zärtlichkeit. Wenn er kam wollte er „kommen“. Sex
guten Sex und, immer wieder Sex dazwischen etwas zu essen und schon musste er
wieder weg. Er lebte noch bei seinen Eltern mit sechs Geschwistern, er war der
zweitälteste und es war nicht möglich den Eltern oder Geschwistern sein
Liebesverhältnis zu erzählen, mit Ausnahme seiner grossen Schwester. Diese
Schwester fand es sehr aufregend, wollte alles über das Verhältnis wissen,
besonders natürlich alles was dem Sex betraf; reagierte dann aber mit einer
Mischung aus Scheu Angst und Gier. Eines Sonntags beim Familienfrühstück sagte
ihm seine Mutter vor allen anwesenden „du bist ein Schwein, du könntest auch
wieder mal duschen, dein Badetuch ist seit einer Woche nicht benutzt worden“ woraufhin
Jean-Pierre antwortete „ich dusche immer bei meiner Freundin nach dem Liebe
machen“. Mutters –du Angeber—wurde vom Gelächter der ganzen Tischrunde
übertönt, nur die grosse Schwester lächelte vielwissend. Nun zurück zum Paar
Ingeborg und Jean-Pierre, die Begegnungen wurden von beiden Seiten immer
problematischer, aber keiner hatte den Mut eine Entscheidung herbeizuführen. Und
da kam das Schicksal zu Hilfe. Ingeborgs Mutter starb und der gebrechliche
Vater musste versorgt werden, also gab sie ihre Stelle in der Schweiz auf und
ging zurück in ihre Schwarzwald-Heimat. Damit schlief die Beziehung sanft ein.
Nur die zärtliche Erinnerung an diese aussergewöhnliche Begleitung während der
Pubertät, ja die, blieb bestehen.
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