Es war in den sechziger Jahren, ich war ein junger
Ärztebesucher an der Sprach-Grenze
Deutsch-Schweiz West-Schweiz. Dieser Beruf war damals noch nicht offiziell
anerkannt; es war mehr eine Mission als ein etablierter Beruf. Somit kamen in
diesem Beruf recht verschiedene Charaktere und Berufe zusammen. Ich habe viele
verschiedene Berufsleute kennengelernt Ärzte, Apotheker Drogisten waren die
meisten, andere hatten ein abgebrochenes Studium in diesen Berufen vorzuweisen.
Mehrere waren Flüchtlinge vor allem aus Ungarn die seit 1956 in der Schweiz
waren die meisten davon Naturwissenschaftler. Aus welchen Gründen einige Ärzte,
trotz gravierendem Ärztemangel, nicht praktizierten sei dahingestellt, bei
einigen wurde gemunkelt dass sie ihre
Praxisbewilligung verloren hatten, vielleicht wegen unorthodoxer Methoden,
Abtreibungen?? oder Kassenbetrug .Dies war sicher auch der Grund, dass die
meisten dieser Mediziner weder Titel noch Beruf auf ihren Visitenkarten angaben,
denn die Kunden waren sehr neugierig und es gibt ja Dinge die man nicht gerne
erklärt. Wer sich als Arzt präsentierte musste in der Firma als
wissenschaftlicher Leiter fungieren, sonst wurden Ärzte von ihren
Berufskollegen nicht gerne empfangen, ja viele fühlten sich ausspioniert oder
gar kontrolliert. Unter den verschiedenen Ärztebesuchern herrschte damals noch
ein gewisser Korporationsgeist, man ging wohlerzogen und anständig miteinander
um trotz konkurrierenden Interessen. Nicht Freundschaften, nein freundschaftlicher
Umgang war üblich damals. Traf man sich so ging man oft zusammen Kaffee trinken,
Wartezeiten mussten ja ausgefüllt werden. Man redete über die Eigenheiten
gewisser Kunden aber nie über konkurrierende Produkte. In vielen Ortschaften
wusste man wo man Kollegen zum Essen
treffen konnte, es war so eine Art Stammlokal. Eines Nachmittags traf ich drei
Kollegen verschiedener Firmen in einem Spital im Jura. Wir verabredeten uns zum
Kaffee in einem Lokal; ich war der erste der ankam die anderen folgten bald.
Wir schwatzten, hechelten sowohl die Chefs als natürlich auch die Kunden durch
bis es Zeit war nach Hause zu fahren, ein jeder in seine Stadt. Als ich die
Serviererin zum Zahlen rief, verschwand einer von uns zur Toilette, darauf
hatte ich gewartet. Ja dieser Kollege klagte immer über Geldprobleme, er hatte
nämlich Familie und mehrere Kinder sowie ein Haus das abbezahlt werden musste.
Ich fragte die anderen beiden, kennt ihr ihn? hat er schon mal etwas bezahlt?
Die lachende Antwort war: der bezahlt doch nie der hat eine schwache Blase denn
jedes Mal wenn’s ans Zahlen geht verschwindet er auf dem Klo. Bitte lasst mich
machen, lasst euer Portemonnaie stecken, wir werden und amüsieren. Als der
Kollege vom Klo zurückkam, schickte er sich an zu gehen. Da fragte ich ihn,
kannst du mir einen Gefallen erweisen, kannst du mir zehn Franken leihen, sonst
kann ich dich diesmal nicht zum Kaffee einladen. Ein riesen Gelächter der
Kollegen steigerte seine Wut, er schmiss eins fünfzig—den damaligen Preis für
Kaffee—auf den Tisch und ging grusslos. Er ging mit keinen Kollegen mehr Kaffee
trinken.
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