Zeitungen
Ich habe schon immer gerne gelesen, alles was mir unter
die Augen kam wurde verschlungen. Damals in den frühen Fünfzigerjahren des
zwanzigsten Jahrhunderts war ich in einem Internat in der Westschweiz, in der
Nähe von Lausanne untergebracht worden, es war ein Bauerndorf, das damals schon
begann allmählich mit der Agglomeration Lausanne zusammen zu wachsen. Eine der
vielen Strafen, für Vergehen die ich als Schüler meist nicht begriff da ich noch
nicht wusste was Willkür ist, bestand darin, die Tageszeitung in
postkartengrosse Stücke zu zerschneiden, die dann mit einem Loch versehen und
auf einen Draht gesteckt in die verschiedenen Toiletten gehängt werden mussten.
Übrigens eine Methode die damals auch in vielen Familien üblich war, meist
hatten, wenn überhaupt, nur die Eltern ihre persönliche Rolle weiches zartes
Papier; so war es auch in diesem Internat, euphemistisch „ECOLE DE FAMILLE
„genannt. Ja die Lehrkräfte hatten eigene Rollen, manchmal war es lustig, wenn
so ein Lehrer oder eine Lehrerin plötzlich in ihr Zimmer rannte und dann wohl
versehen mit ihrer Rolle in einem der Klos verschwand. Also ich war oft dazu
verdonnert die Zeitung zu zerschneiden, dass ich dabei die Zeit durch lesen
vertrödelte störte nicht ,es war ja meine sehr knapp bemessene Freizeit und das
Pensum Popogerechte Quadrate Papier zu liefern musste einfach erledigt werden.
Und da las ich einen Artikel den ich auch sechzig Jahre später nicht vergessen
habe. Der
Titel war „ Cueillir des noix a la vaudoise“ zu Deutsch Nüsse auf Waadtländer
Art pflücken. Der Artikel war etwa so: An einem schönen Herbstsonntag sass der
alte Bauer vor seinem Bauernhaus auf der Bank und genoss die warme Herbstsonne
,als er sah wie ein Auto mit Genfer Nummer weiter entfernt am Strassenrand
anhielt und vier Personen ausstiegen. Da Autos damals auf dem Dorf noch selten
zu sehen waren beobachtete der alte Bauer genau was vor sich ging. Sie hatten
Körbe und Taschen und auch eine recht lange Stange dabei. Diese feinen
Herrschaften begannen nun mit der Stange an die Äste zu schlagen und die
herunterfallenden Nüsse in die Körbe und Taschen einzusammeln. Der Bauer lachte vor sich hin, rief seine
vier Söhne und zusammen schlenderten sie gemächlich zu dem abgestellten Auto. Als nun die Herrschaften vollbepackt
zurückkamen, wurden sie freundlich lächelnd begrüsst, man bedankte sich für die
geleistete Erntehilfe und bat sie, doch die schönen Nüsse mit dem Auto bis zum
Bauernhof zu fahren. Der Mut fehlte den Herrschaften, diese so freundliche
Bitte auszuschlagen.
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