Sie hiess Agathe, diesen Namen hatte sie der Liebe ihrer
Mutter zu englischen Kriminalromanen zu verdanken, wäre sie ein Knabe gewesen
würde sie Edgard genannt worden sein. Sie hasste ihren Namen, Agathe Meier, wie
tönt denn das! einfach schrecklich. Sie war schon in mittleren Jahren als ihr
Schwarm, Kaspar, der stellvertretende Direktor, kündigte und zurück in seinen
Beruf ging. Warum er ging hatte er ihr schon seit einiger Zeit anvertraut, er
hatte sich ausgerechnet, dass eine direkte Nachfolge des schon älteren
Direktors wohl schwieriger wäre, als
sich--mit Heimvorteil—im richtigen Moment zu
bewerben. Es
war eine halb private halb öffentliche Fortbildungsanstalt für Erwachsene die
berufsbegleitend ihre Weiterbildung an
Wochenenden und Abendkursen
vorbereiten konnten, um das begehrte Diplom zu ergattern, das ihrer Karriere,
so dachten sie, den nötigen Schub geben würde. Viele dieser, doch schon
älteren, Studierenden waren Fortbildungs—Freaks, wenn meine Firma es bezahlt
und mich auch noch, für die Kurse an
gewissen Wochentagen freistellt, nehme ich es doch mit, es ist immer gut
noch ein Diplom mehr zu haben. Die anderen“ Studis“ waren gezwungen sich
weiterzubilden, sonst hätten sie den rechtlichen Auflagen zur Ausbildung der
Lernenden, in ihren jeweiligen Firmen
nicht mehr genügt. Durch diese unterschiedlichen Motivationen der
Teilnehmer waren Konflikte automatisch vorprogrammiert. Es gab, wie überall im
Leben Profilneurotiker, Kriecher, Langweiler, Träumer, Meckerer, auch viele
Naive, einfach alle Charaktere der Gesellschaft. Dass diese Kursteilnehmer aus
den unterschiedlichsten Berufen kamen, barg, vor allem wegen weitverbreiteter
Ignoranz, ein mächtiges Potenzial für Streitigkeiten. All dies hatte den
jetzigen Direktor krank gemacht, die Modediagnose „ Burn Out „ wurde gestellt
und weil er kurz vor der Rente stand wurde ihm eine Frühpensionierung
angeboten, die er zwar erst einmal empört ablehnte aber, insgeheim, ja
gewünscht und provoziert hatte. Die
Stelle wurde ausgeschrieben, das Profil des neuen Direktors/Direktorin genau
beschrieben und auch der Beginn—sofort oder nach Übereinkunft—war erwähnt
worden, in dem viertelseitengrossen-Inserat
der lokalen und nationalen Sonntagspresse, sowie Online im Web.Kaspar und Agathe trafen
sich nun öfter zur Koordination, es durfte ja nichts schiefgehen denn Kaspar
wollte den Direktoren Stuhl und Titel und Agathe wollte Kaspar, ja sie war ihm
hörig, schon seit Jahren und nun endlich zeigte er sich auch so wie sie ihn
sich immer erträumt hatte. Ja Kaspar überwand seinen Widerwillen und fing mit
der doch schon überreifen Agathe eine intime Beziehung an, es war hart aber
leider notwendig, denn alle Bewerbungen gingen über den Schreibtisch von
Agathe, es war die erste Anlaufstelle ob per Post oder elektronisch, Agathe
kontrollierte alles. Und abends zwischen Tisch und Bett konnte Kaspar alle
Bewerbungen studieren, lange bevor sie an die Personalabteilung der staatlichen
Behörden weitergegeben wurden. Die Bewerbungen aller ihm irgendwie gefährlich
scheinenden Kandidaten und vor allem Kandidatinnen—der Frauenquote
wegen—verschwanden auf mysteriöse Art. Kaspar bekam den Direktiosposten, alles
hatte wunderbar geklappt. Monate später kam eine Anfrage einer Kandidatin, die auf
ihre Bewerbung hin nur eine lakonische Empfangsbestätigung erhalten hatte, man
entschuldigte sich und gab, wie so oft, der bösen EDV die alleinige Schuld; es
sei nun leider zu spät, die Ernennung des neuen Direktors sei nun schon
erfolgt, aber man werde in Zukunft solche Fehler zu vermeiden wissen. Das, je nach Betrachter lustige oder traurige, Nachspiel; Agathe wurde
bald darauf eine andere staatliche
Stelle irgendwo in der Verwaltung
zugewiesen. Neue Chefin des Sekretariats wurde die junge Lebenspartnerin von Kaspar.
Diese junge Frau wusste von der sehr aktiven Hilfe Agathes was ihre Stellung
als „Favoritin“ betonierte.
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