Es war vor sehr langer Zeit, unser Held war so etwa
einundzwanzig Jahre jung. Er kam zum dritten Mal in diese Kleinstadt um in der
einzigen Apotheke erneut eine Vertretung zu machen. Die ersten beiden Male war
er allein, mit einem „Faktotum „einer geistig leicht behinderten Hilfskraft, in
dieser alten Apotheke wo der Besitzer ihm in etwa zwanzig Minuten alles
erklärte um dann schleunigst zu verschwinden. Der Apotheker war in Uniform,
denn er musste als höherer Offizier ins Militär und da seine Frau, auch
Apothekerin, frisch operiert im Spital lag hatte er unseren Helden durch einen
Studienfreund in Zürich als Notaushilfe gefunden. Unser Held nennen wir ihn
doch zur Einfachheit Georg, war eigentlich nicht als Vertretung geeignet, er
war nicht Apotheker sondern Drogist, hatte aber bei diesem gemeinsamen Freund in Zürich in der Apotheke
mitgearbeitet und war zuvor in einer grossen Zürcher Apotheke angestellt
gewesen, all das in weniger als zwei Jahren. Man kann schon wähnen dass er
ziemlich Klever war sonst hätte ihn sein Zürcher Freund seinem Studienkollegen
nicht empfohlen. Es war Winter und er konnte erst einmal in einer, leider
ungeheizten, Dachkammer übernachten. Da das Wasser in der Waschschüssel eine
Eisschicht hatte kam er sehr erfrischt in die Apotheke wo das Thermometer 11
Grad Celsius anzeigte. Es gab einen Kanonenofen und nach dem Einheizen wurde es
angenehm warm, so gegen Mittag. In dieser Apotheke war nichts alphabetisch
eingeordnet, der Chef und seine Frau wussten in welcher Lade die verlangten
Medikamente versteckt waren, Georg musste suchen! Da es in diesem Städtchen
keinerlei Zerstreuung gab und der Kanonenofen summte, kam Georg nach dem
Nachtmahl im Restaurant nebenan, zurück und ordnete die Schubladen alphabetisch
ein; meist bis nach Mitternacht und dies dauerte vom Montag bis Freitag. Am
Samstag um 8:00 Uhr kam der Chef, noch in Uniform und fragte ob es Probleme
gegeben habe. Georg sagte eigentlich keine unlösbaren, jedoch würde er gerne
bald nach Hause fahren. Ach ja natürlich ,sagte der Chef übrigens hatten wir
noch nicht über den Lohn gesprochen, hier sind schon mal fünfhundert Franken,
schönes Wochenende, am Montag habe ich etwas länger Zeit, dann können wir alles
besprechen. Georg konnte
sein Wochenende in Zürich geniessen, war aber am Montag mit dem ersten Zug
wieder da. Der Chef hatte am Samstag viel Mühe gehabt sich in der aufgeräumten
Apotheke zu Recht zu finden. Er war es nicht gewohnt das ABC anzuwenden
trotzdem war er von der neuen Ordnung sehr angetan. In den folgenden drei
Wochen wurde alles umgeräumt, viel Altes retourniert, ganz Altes entsorgt. Die
Apothekerin stand, beziehungsweise lag Georg mit Rat, aber ohne Tat, bei,
hütete sie doch meist das Bett nach ihrer schweren Operation. Nach drei Wochen,
man hatte sich problemlos über Lohn und Nebenkosten geeinigt, wollte der Chef
Georg unbedingt fest anstellen, zu einem
exorbitanten Lohn den nicht einmal ein Apotheker verdienen würde. Er hatte
gesehen dass Georg viel und gut arbeitete und sehr selbständig Initiativen
ergriff. Es war nämlich geplant in einiger Zeit eine Neue Apotheke mit
Ärztehaus zu bauen und der Chef sah in Georg den Idealen Organisator für die
gigantische Arbeit, erst in ein Provisorium zu ziehen, dann die neue Apotheke
planen und schlussendlich einrichten. Georg wollte nicht für längere Zeit in dieser Kleinstadt
versauern, war aber einverstanden noch ein bis zwei Mal zu kommen um den Umzug
vorzubereiten. Und Wunder, bei seinem dritten Einsatz traf er eine
Apothekenhelferin die seit einigen Wochen da arbeitete. Ein knapp
dreissigjähriges Fräulein (ja damals gab‘s das noch) recht nett, hübsch und
eine sehr gute Verkäuferin. Schon seit seinem zweiten Arbeitseinsatz hatte ihm
der Apotheker ein Zimmer im örtlichen Hotel besorgt, sodass er von warmem
Wasser und sogar einer Dusche, auf der Etage, Gebrauch machen konnte. Ursula,
so hiess die Neue, und Georg arbeiteten viel zusammen, war es doch sein letzter
Einsatz vor dem Umzug ins Provisorium; alles musste vorbereitet werden. Die
beiden, das heisst Ursula und Georg, unterhielten sich viel , nicht nur über die Arbeit. Mittags war
die Apotheke von zwölf bis viertel nach
zwei geschlossen, die beiden
gingen zusammen essen, mal ins Tea Room mal ins Hotelrestaurant. Man kam sich
bald näher und Ursula erzählte, dass sie diese Stelle angenommen hatte, weil
ihr Verlobter, der zurzeit als Unteroffizier seinen Dienst in der Armee
leistete aus dieser Gegend stammte und hier auch seine Arbeit als
Dorfschullehrer hatte. Eines Abends, es war wohl sein dritter Arbeitstag, sagte
Ursula ihm sie wolle ihm die Wohnung zeigen die sie , mit ihrem Verlobten
zusammen, einrichtete. Die Wohnung lag in einem Dorf etwa acht Kilometer weit
entfernt, Ursula kam immer mit dem Fahrrad zur Arbeit und an diesem Abend nahm
Georg das „Apotheken Fahrrad“ das oft für Lieferungen und Botengänge genutzt
wurde. Die Wohnung war sehr schön und ein wenig abgelegen vom Dorf. Ursula
verführte den sich nicht sträubenden Georg in Blitzeseile, erst nach Stunden
kamen sie auf die Idee etwas essbares zu
suchen, viel gab der Kühlschrank nicht her, aber genug um sie beide für die
nächste Runde des Liebesspiels zu stärken. Irgendwann kam dann auch die Frage
nach dem Verlobten und der Planung der Hochzeit zur Sprache. Georg war doch
sehr erstaunt, dass die Hochzeit schon lange anberaumt war, sie würde in genau
zwei Monaten, am Anfang der Schulferien kurz nach Ende der Dienstzeit ihres
Verlobten, also bald schon des Ehemannes, sein. Georg genoss die Paar Wochen
bis dahin und ging, nur zum Kleiderwechsel, morgens schnell ins Hotel. Noch
heute fünfzig Jahre danach weiss Georg nicht wann die eheliche Treue beginnt;
in dem Fall mit der lieben Ursula sicher erst nach der Trauung, und ob sie dann
auch wirklich begann hat Georg nie erfahren. Die Reise in die Zentralschweiz
war zu beschwerlich und der militärische Dienstplan, des dann neuen Ehemannes,
war Georg nicht bekannt.
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