Freitag, 16. Januar 2015

Und wer pflegt das Grab wenn er nun auch noch stirbt?

Sie war viele Jahre lang seine Geliebte gewesen, ja die mit ihr verbrachte Zeit war die einzige lebenswerte Zeit gewesen. Als er schon kurz nach der Geburt der Zwillinge merkte, dass seine Frau komisch wurde war sie, eine frisch verheiratete junge Frau, als Sachbearbeiterin in die Firma eingetreten. Sie, die neue Kollegin Miriam, war ihm sofort aufgefallen, sie war recht hübsch—ja beinahe schön—aber es war vor allem ihre positive lebensbejahende Ausstrahlung die es ihm angetan hatte. Sie arbeiteten oft zusammen dadurch ergab sich ein freundschaftliches kollegiales Verhältnis, mehr nicht. Zuhause wurde es immer schlimmer jetzt nach der Geburt der Tochter war seine Frau in eine schwere Depression abgedriftet die mit den damaligen Medikamenten nur schwer zu beherrschen war. Glücklicherweise war er finanziell in der Lage eine Kinder-Schwester und eine Vollzeit-Haushaltshilfe zu bezahlen. Schlimm waren die apathischen Phasen der Krankheit, unerträglich aber war es wenn die manische überhand nahm.                                                                        Er stürzte sich immer mehr in die Arbeit oft mit der netten Miriam zusammen. Eines Abends als sie gemeinsam ein Projekt zu Ende brachten, fiel ihm auf, dass Miriam irgendwie anders war. Er fragte sie ob sie Lust und Zeit habe zusammen noch etwas essen oder mindestens trinken zu gehen. Sie war sofort einverstanden und so kam es nach Jahren zu ihrem ersten privaten Gespräch, es wurde sehr spät. Sie erzählte ihm, dass ihr Mann seit einigen Wochen mit der Diagnose einer Multiplen Sklerose, die sehr schnell invalidisierend geworden war, leben musste, bat ihn aber keinem in der Firma davon zu erzählen, sie wollte nicht bemitleidet werden. Er erzählte von seiner Frau mit derselben Bitte dies für sich zu behalten. So sind sie erst aus Not, dann aus Liebe zu einem geheimen Paar geworden.                                                                                                                                  Beide konnten ihre Ehepartner nicht verlassen und erlaubten sich ein Parallelleben wo sie ihr Glück fanden. Miriam hatte keine Kinder haben können wollte aber ihren kranken Mann nicht verlassen. Ewald wollte und musste schon der drei Kinder wegen –um sie vor der Mutter zu schützen—bei seiner Frau ausharren. Viele Jahre danach, die Kinder waren schon längst selbstständig, starb Miriam eines Abends ganz unerwartet in ihrer gemeinsamen, geheimen, Wohnung, ein Aneurysma war geborsten. Der Gang zu Miriams Mann war der schwerste seines Lebens, der bettlägerige Mann ,dem er die Wahrheit nicht verbergen konnte, da ja auch die Polizei eine Untersuchung eingeleitet hatte, brach zusammen, er glaubte an die Treue Miriams. Ewald dachte an Selbstmord, aber wer würde das Grab pflegen, der Mann Miriams sicher nicht wer also wenn nicht er? Ausserdem konnte er nicht mit ihr zusammen begraben werden also musste er weiterleben und  so verbrachte er seine Tage, bei jeder Witterung auf dem Friedhof am Grabe von Miriam.


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