In den
Sechzigerjahren, ich war damals jung verheiratet und im Aussendienst tätig, bat
mich meine Frau, wenn ich von Neuchâtel aus, in Städte wie Fribourg, Biel oder
Lausanne fuhr, mitzukommen um sich dort mit einem Einkaufsbummel—Shoppen gab’s
damals noch nicht als Begriff—die Zeit zu vertreiben. Sie arbeitete damals noch
sehr unregelmässig und da keine Kinder zu betreuen waren, hatte sie Zeit und
versäumte nichts Wichtigeres. Damals gab es ja noch keine Mobiltelefone und
weil ich nie wusste wie lange meine Besuchstätigkeit dauerte, verabredeten wir
uns zu bestimmten Zeiten meist in einem Kaffeehaus. Da ich die Zeit eher zu
lange einschätzte um sie nicht unnötig warten zu lassen, war meist ich der
erste am Treffpunkt. In Biel gab es in
einem der ersten Einkaufszentren in Mitten der Stadt ein sehr schönes Restaurant.
Der Name war, wenn meine Erinnerung mich nicht täuscht war Café Estoppe ;es war
eine spanische Taverne, sehr modern und sachlich eingerichtet ,nicht wie damals
fast überall mit Makramee in den hässlichsten
orangen, braunen und grünen Tönen. Ich war gerne dort, zwischen zwei
Terminen um mich in Ruhe auf den nächsten Kunden vorzubereiten, man kannte
mich. Mit man meine ich die Besitzerin eine sehr würdige ältere Dame, wie man
sie heute, fünfzig Jahre später, wohl kaum noch finden könnte. In diesem Café
traf ich mich öfters mit meiner Frau, die dann meist mit einem Einkauf, den sie
mir sofort zeigen wollte, dazukam. Nach mehreren Malen dieser Treffen passierte
etwas sehr erstaunliches, ja die Chefin kam zu unserem Tisch, entschuldigte
sich für die Störung und sagte „ich möchte ihnen beiden ein Kompliment machen,
in der Schweiz habe ich noch nie gesehen dass ein junges Paar so höflich und
elegant mit einander umgeht, es ist eine Freude sie als Gäste zu haben“. Auf
unser ungläubiges Staunen hin sagte sie an mich gewandt, “sie stehen immer auf
wenn ihre Frau kommt oder den Tisch verlässt, helfen ihr in den Mantel ,und
bitten um Entschuldigung wenn sie weggehen, selbst ältere Herren tun dies fast
nie mehr“. Fünfundzwanzig Jahre später,
ich war seit einigen Jahren geschieden,
war ich Mitglied in einer
Freundesgruppe in Lausanne, einer Art Klub. Man traf sich zu verschiedenen
Gelegenheiten und vor allem jedes Mal bei einem der acht Mitglieder zu Hause,
zum Essen. Keiner war und durfte verheiratet sein, Beziehungen waren erlaubt,
aber der oder die Partner/in waren nicht zugelassen ausser zwei der männlichen
Mitglieder, die zusammen ein Paar waren. Plötzlich musste ich laut lachen, als
mir einige der weiblichen Mitglieder eines Abends Vorwürfe machten: ich sei
nicht zeitgemäss, behandle sie nicht als gleichberechtigte, schliesslich hätten
sie sich ihre Unabhängigkeit hart erarbeitete, diese komische Art die ich an
den Tag lege mit Aufstehen, Vortrittlassen und sogar bezahlen im Restaurant sei
eine Beleidigung ihrer Würde als Frau. Ich konnte mich nicht zurückhalten ihnen
zu antworten und sagte ihnen die erstaunt zuhörten: Ihr habt, alle vier,
Karriere gemacht ,seit befreit —wovon sei dahingestellt—und findet keinen
Partner mehr, ja die Männer in eurer Altersgruppe haben oder hatten schon
Familien und wenn sie eine neue Partnerin suchen ,sicher keine Befreite die
ihnen ,wie ihr es mit mir macht, sagt wie man Frauen behandeln soll. Ihr
gehört—frei nach Hemingway—zur lost Generation; aber verloren habt ihr euch selber!
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