Dabei hatte er, Valentin, doch eine viel jüngere Frau
geheiratet, und jetzt das. Er stand am Grab, gestern erst war Florence beerdigt
worden, sie war erst vierundvierzig, einundzwanzig Jahre jünger als er, es war unfassbar,
und so plötzlich. Alle beide hatten sich so auf diese Radtour gefreut, diesmal
ohne die beiden Töchter .Dies beiden Vera und Xenia waren in ihr Studium vertieft,
Vera hatte wie der Vater Pharmazie gewählt, Xenia die musischere der beiden Kunstgeschichte.
Ja er hatte seine Apotheke gut verpachten können an seinen um einige Jahre
jüngeren Freund und Kollegen, der die Pacht bis zum Studienabschluss von Vera,
dessen Pate er ja war, angetreten hatte. Es war Herbst, die ideale Zeit für
Radtouren besonders für die geplanten Passfahrten. Roswita, die Freundin von Florence,
die Sport verabscheute, war als Begleiterin mit dabei. Mit dem grossen Van, den
sie mit dem Haus zusammen nach ihrer Scheidung nun alleine besass, begleitete
sie die Radfahrer auf der Tour und freute sich auf die Abende in den Etappen-Hotels.
Voller Vorfreude hatten die drei zusammen den Tourenplan zusammengestellt, es
war ihnen wichtig, alle Abende in einem Hotel mit gutem Wellness Angebot und
vor allem einem Sternerestaurant zu verbringen. Die ersten Tage waren
phänomenal! alles war wie geplant Essen Sauna Wetter einfach alles. Und dann das,
auf der Strecke von Pontresina nach Tirano auf einem eigentlich ungefährlichen
Abschnitt hörte der vorausfahrende Valentin hinter sich ein Krachen und
quietschen von Bremsen. Florence war tot, von dem Laster überrollt, es war
schrecklich er war wie erstarrt und konnte auch nach Stunden der Polizei keine
klaren Angaben machen. Roswita wartete vergeblich am Pool im Etappen-Hotel, damals gab es noch
keine Handys und Valentin hatte sie einfach vergessen, er konnte nicht mehr
klar denken. Also
stand er am Grab und weinte still. Er hatte sich so auf seine Zeit als Rentner
mit seiner viel jüngeren Frau gefreut. Die nächsten paar Jahre waren schon
längst mit Reisen verplant gewesen, Geld war ja, obwohl er nicht sehr reich
war, genügend da um unbeschwert das Leben geniessen zu können; was nun? Die
nächsten Monate verbrachte er trotz Kälte und viel Schnee meist am Grab, er
konnte sich die Zukunft nicht vorstellen. Roswita lud ihn oft zum Essen ein,
kam auch manchmal um bei ihm zum Rechten zu sehen, sie war schon immer an ihm
interessiert gewesen aber solange Florence da war hatte sie es sich nicht
eingestanden. Als Valentin endlich zu merken begann, auch weil Vera und Xenia
Bemerkungen machten, dass Roswita sich geradezu anbot, kam das erste Lächeln
nach dem fatalen Tag, über seine Lippen. Wie, fragte er sich, kriege ich es hin
Roswita, ohne sie zu verletzen klar zu machen, dass sie zwar eine liebe gute
Freundin ist, aber ja eben… aber was sagen? es war schwierig, und so beschloss
er, dass es Distanz brauche, das war die
Idee. Jetzt wäre doch der Zeitpunkt seinen Freund,
der in Guatemala die Niederlassung eines grossen Schweizer Konzerns leitete, zu
besuchen. Und so sass er eines Abends in der Hotelhalle in der Zona Viva und
wartete auf seinen Freund den er ja seit vielen Jahren nicht mehr gesehen
hatte. Bei einer Flasche Ron Zacapa Centenario wurden die vergangenen Jahre
„Aufgearbeitet“. Sein Freund Gottfried hatte ein halbes Leben hier verbracht
und ihm angeboten erst mal einige Tage sein Gast zu sein und dann zusammen eine
Kulturreise zu machen. Sie besuchten Antigua, Chichicastenango, Xela, Copan in
Honduras, Tikal, La Democracia, Huehuetenango
Flores und zum Abschluss den Atitlansee
.Und da passierte etwas ganz unerwartetes. Eines Abends im besten Restaurant
von Panachachel, letzte Etappe ihrer gemeinsamen Reise, wurden sie von der
jungen Chefin persönlich bedient es war wie der Urknall. Valentin sah diese
schöne exotische Frau an und es war um seinen Verstand Geschehen. Ja die schöne
Izabel hatte ihn in ihren Bann gezogen und auch sie war von ihm fasziniert denn
er war aus Europa ,kultiviert, sensibel, reich—sind nicht alle Ausländer
reich—und kein Macho wie beinahe alle
Männer hier; gut er war alt, was in Lateinamerika nicht sehr ins Gewicht fällt,
aber doch fast vierzig Jahre unterschied, kann das gut gehen. Izabel hatte ein
Kind, wie die meisten jungen Frauen—eher Mädchen—war sie mit Eheversprechen
verführt und dann mit dem Kind sitzen
gelassen worden. Valentin beschloss hier am Atitlan See zu bleiben. Hier lebten
viele ehemalige Weltenbummler aller Art die wussten, hier das Paradies auf
Erden entdeckt zu haben. Man muss bedenken dass in diesem Land wo Gewalt,
Korruption und Willkür herrscht reiche westliche Zuwanderer gerade dank der
Korruption ein wunderbares Leben führen. Ja es gibt eine Kolonie von ehemaligen
und aktuellen Profiteuren des „ Charity-Business“ die auf Kosten der
Geberstaaten und vieler naiver Gutmenschen und deren Spenden, hier ein
Luxusleben führen. Deutsche, Schweden, Amerikaner, Franzosen, Italiener, Schweizer,
die Liste ist unvollständig sie würde zu
lang wäre sie komplett; viele dieser Ex Pats haben sich auch irgendwie einen
Diplomatenpass erschlichen. Valentin fühlte sich in seiner neuen Liebe mehr zu Hause,
als in dieser Gesellschaft von Profiteuren. Er merkte bald, dass Izabel nicht
die Chefin sondern nur die „Strohfrau“ für das Restaurant war, denn Ausländer
können, trotz der endemischen Korruption, selbst kein Geschäft betreiben.
Deshalb suchen sie Strohmänner oder heiraten und werden Doppelbürger. Die Besitzerin
des Restaurants war eine deutsche ehemals in Afrika tätige
Entwicklungshelferin. Izabel war von ihr schamlos gequält, erpresst und
ausgenutzt worden, darum fand diese charmante Dame die neue Beziehung mit
Valentin gar nicht gut; sie sagte ihm auch rundheraus—sowas taugt doch nur als
Geliebte für kurze Zeit— hübsch ist sie ja ,aber doch nicht als gleichwertige
Partnerin geschweige denn Gattin. Wenn du willst solche find ich dir wann immer du
willst. Valentin wollte nicht, heiratete seine Izabel, richtete ihr ein eigenes
Restaurant ein wo er mit Begeisterung ihr Mitarbeiter wurde und machte im Lauf
der Zeit für Vera und Xenia mehrere Brüderchen und Schwesterlein. Und wenn sie
nicht ermordet wurden leben sie noch heute…
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